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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 8)

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gerechtfertigt erscheinen. Trotz der Entschiedenheit der aufgestellten Behauptung hatten 
wir dem Verfasser kaum zugemuthet, derselben ausnahmslose Bedeutung vindiciren 
zu wollen, bekräftigte er seine Worte nicht noch besonders also: rDem Beobachter wird 
es auch nicht entgangen sein, dass z. B. das Rococo bei uns zuerst bei den Vergoldcrn 
und Tapezierern, in der Malerei, und erst nach längerer Anwendung in der Architektur 
auftritt. So ist es denn auch stets gewesen... .1 - Mit vollem Rechte wird 
auf die materielle Basis hingewiesen, hervorgerufen durch die Modificationen von Zweck 
und Stoff als Bedingungen der nsichtbaren Formen, unter welchen jedes Werk des tech_ 
nischen Konnens in die Erscheinung trittu; Manches von dem werthvollen Inhalte der 
Broschüre wurde jedoch weit eindringlicher zur Geltung kommen, waren auch jene, fern 
von der Ausstellung sich zeigenden Verhältnisse von einschneidender Bedeutung betont 
worden, durch welche eine ausgebreitete, auf Speculation beruhende Pseudo-Kunst- 
thatigkeit zur Blnthe gebracht werden konnte, welcher Zweck, Stoß" und Form nur 
Nebensachen sind, welche aber alle Vortheile der vervollkommneten Technik des Welt- 
handels und Weltverkehrs trefflich auszunutzen versteht. Der Verfasser unterlasst es 
(tberhaupt, vom Schauplatze der Ausstellung weg einen Blick in das geschäftliche Alltags- 
leben zu werfen; auf diese Art ist es erklarlich, dass er einzig und allein nur die Reform 
des Zeichenuntcrrichtes fordert und von ihr alles Heil erwartet, ja, ndurch die im 
Schoße der Familie gehegte Liebe zu den Künsten, besonders aber zu der Zeichen- 
kunstu, sogar die Losung der socialen Frage! -- 
Formenkenntniss und Formgefuhl mit Zuhilfenahme eines eingehenden Natur- 
studiums zu vervollkommnen, ist auch die Forderung einer zweiten Broschüre: 
Das Studium der Naturformen an Kunstgewerbeschulen. Vorschläge zur 
Einführung eines vergleichenden Unterrichtes. Von M. Meurer. Berlin, 
Wasmuth, 1889. 8". 44 S. M. i'-, 
deren Hauptsatze jedoch anders fundirt sind als die der ersterwähnten Schrift. Hier wird 
der Architektur die Fuhrerschaft der technischen Künste ohne Einschränkung zuerkannt, 
und diese Zuerkennung begründet im Voraus das Princip, die Reform des kunstgewerb- 
lichen Studiums von oben herab zur Durchführung zu bringen. 
Der Verfasser, als gewiegter Fachmann, legt entschiedener als Mielke das Schwer- 
gewicht auf die Fähigkeit, die Naturformen nach den Bedingungen des zu schaffenden 
Kunstwerkes umzubiideiin; auch verhehlt er sich keineswegs die Schwierigkeiten einer 
nach dieser Richtung anzubalinenden Reform. Er verweist mit besonderer Betonung auf 
die zu befürchtende Eventualitat, dass, uwenn Publicuni und Mode den berechtigten 
Naturschrei nachrufen, sich der Unverstand ebenso leichtsinnig in die unbedachte Natur- 
nachahmung stürzen werde, wie zuvor in das Altdeutsche, Japanische und Zophgel. 
Aber anstatt im läSthElISChCn Gefühl- Endet ei- das Correctiv vornehmlich in der Er- 
kenniniss der Geseizmaßigk 't der Naturformen und fasst dies mit überzeugender Kraft 
in die Worte zusammen: Die Beobachtung und Erkenntniss der Gestaltung und Vollen- 
dung der Naturforrnen mit Bezug auf ihren Inhalt und Zweck wird die Analogien offen- 
baren, die sich bei ihrer Anwendung im Kunstwerke zum formwahren Ausdruck seiner 
Idee fruchtbar verwerthen liSSBnJ 
Dass hiebei dasjenige, was Jahrhunderte vor uns errungen haben, nicht fallen ge- 
lassen werden kann, ergibt sich von selbst, und so ist denn auch die angerathene Methode 
lauf ein gemeinschaftliches Studium und eine vergleichende Betrach- 
tung von Kunsi- und Naturformeno basirt. 
Die hiezu erforderlichen Lehrmittel werden eingehend charaktcrisirt und zum 
Zwecke einer durchgreifenden Reform die Gründung von Versuchsclassen für Natur- 
formeiistudium empfohlen, wobei bezüglich des Ortes auf den Süden, speciell auf Rom 
hingewiesen wird. i M-t. 
 
La Ceramique Italienne au XV" siecle par Emils Molinier. Paris, Ernest 
Leroux. 8". IX, 88 p. M. 3'5o. 
Dieses in seiner außeren Erscheinung ganz bescheidene Schriftchen gehört zu jenen 
werthvollen Vorarbeiten, auf deren Grundlage nach und nach ein Ersatz geschaffen 
werden soll für die bekannten Handbücher, die in ihrem Werthe in demselben Maße 
sinken, als die Zahl solcher Monographien zunimmt. Der Hauptzweck der Arbeit ist die 
Classificirung der noch vorhandenen Reste italienischer Majoliken des I5. Jahrhunderts. 
In chronologischer Reihenfolge werden jene Stücke, welche uns eine Handhabe hiezu 
- bieten, einer eingehenden Kritik unterzogen. f-liebei ergibt sich vielfach die Gelegenheit, 
irrige Anschauungen richtig zu stellen und historische Momente zu Eixiren, welche einer 
weiteren Forschung als sichere Stutzen dienen können. Ueberall erkennen wir das Er-
	        
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