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Gebrauch gemacht, wie denn z. B. die Flügel von Genien und Sphingen
häufig ganz frei herausgearbeitet und vom Grunde losgelöst erschienen.
Man hat sich aber selbst in Italien der allgemeinen kunstgewerblichen
Reformbewegung nicht völlig verschließen können: dies war erstlich an
einigen Seidenstickereien, ferner an den Spitzen zu erkennen. Was ins-
besondere die ersteren betrifft, so fanden sich darunter ganz ausgezeichnete
Arbeiten, die ganz unwiderleglich bewiesen, dass die einstmalige berühmte
Handfertigkeit auch den modernen ltalienerinnen keineswegs vollständig
abhanden gekommen ist, und dass eine zielbewusste Schulung in dieser
Richtung die größte Aussicht auf Erfolg hätte. So konnte man Applications-
stickereien, Arbeiten in arabischer Technik, spanische Spitzen gewahren,
die den Vergleich mit ihren Vorbildern nicht zu scheuen brauchten.
Merkwürdig, dass selbst die Farbwirkung jenen Missklang, der in dieser
Beziehung an unseren Arbeiten im Vergleiche zu den alten Mustern oft
so störend auftritt, dort nur in seltenen Fällen empfinden ließ; man
mochte aber hiebei vielleicht auch vielfach subiectiv durch die veränderte
Lichtwirkung des südlichen Himmels beeinflusst sein.
ln so erfreulicher Anzahl die Arbeiten dieser Art auch vertreten waren,
so haben sie in der Gesammtheit der ausgestellten Seidenstickereien doch
nur Ausnahmen gebildet. Den Grundton gaben Nadelmalereien mit figuralen
Darstellungen, allerdings häufig von peinlich genauer und sauberer Aus-
führung. Dies gilt insbesondere von den Stickereien in schwarzer Seide
oder Haar, in Kupferstichrnanier auf weißem Atlas, vielfach unmittelbar
Nachahmungen alter Stiche, insbesondere des 17. Jahrhunderts, aber auch
Landschaften, Porträts, Genrescenen moderner Erfindung. Zahlreich waren
Tischplatten mit Blumenstickerei in Relief, von einer schützenden Glas-
platte überdeckt. Ein Mailänder Sticker brachte einen Christus in Hoch-
relief, goldgestickt, der Nimbus freischwebend, der runde Rahmen gleichfalls
in Goldstickerei, etwa 8 Centimeter aus dem Grunde vorspringend. Die
größte Bewunderung erregte ein Porträt der Königin Margherita in Nadel-
malerei, mit einer i5fachen Schnur von wirklichen Perlen um den Hals
gelegt, während die Schulter eine frei abstehende Spitzenkrause mit blauen
Bändern, die Brust ein Strauß wirklicher Margariten schmückte. Aeußerst
zahlreich waren ferner die gestickten Erinnerungen an Dante und Beatrice
zu sehen, wovon oben bereits ein Beispiel erwähnt wurde. So hieß es
z. B. auf einem Zettel: Ein Taschentuch mit Dante und Beatrice, garnirt
mit Valenciennes-Spitze u. s. w. Ein boshafter Florentiner Kritiker machte
die Beobachtung, dass diesbezüglich aufdie verschiedenartigsten Geschmacks-
richtungen der Käufer Rücksicht genommen war: in der That gab es
Beatrice-Typen von der ätherischen Beschaffenheit einer Maiüschen Dulderin
bis zur stattlichen Fülle Rubens'scher Frauengestalten. - Auch der
Japonismus hatte in einigen gestickten Ofenschirmen Vertretung gefunden.
Was endlich die durchbrochenen Arbeiten anbelangt, so wurde schon
erwähnt, dass an den Spitzen im Allgemeinen eine Anlehnung an gute
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