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Wenn es sich nun fragt, ob das griech. tbwirpmuzg etc. oder opus
musivum, die mose 'etc. das Urwort sei und welches die Uebersetzung,
so ist das im Grunde nicht zu unserer Untersuchung gehörig und hängt
mit der noch nicht genügend aufgehellten Geschichte des Glasmosaiks
überhaupt zusammen. Wenn auch Manuel Chrysoloras in Epist. de veteris
et novae Romae comparativae, pag. 122, diese Kunst Byzanz zuschreibt,
von wo sie in die übrigen Theile Europa's gebracht worden sei; wenn
Andere behaupten, die Römer hätten sie von den Persern erhalten,
so müsste doch zuerst der Schatz der orientalischen Sprachen geprüft
werden, um zu erfahren, ob dort Anklänge verwandter Art erscheinen.
Ilniqnmozg vom Stamme wtim ist so rein griechisch, die Kunst, zu deren
Bezeichnung es dient, aber so durchaus nicht, dass ich es gern für
Uebersetzung halten möchte und insoweit Dr. Redslob vollkommen bei-
stimme, dass der in alle anderen Sprachen gemeinschaftlich eingedrungene
Stamm mus aus einer orientalischen Sprachwurzel herstammen dürfte.
Wir schreiten nun zu weiteren Beweisen unserer Ansicht. Wenn
oben die mös als gleichbedeutend mit Goldgrund gefunden wurde, so be-
deutet nach Du Cange musa auch musivum opus geradezu. Musaicum
im alten Sinne kann nuf eigentlich Vergoldung, nicht das moderne
Mosaik bezeichnen. So sagt der Appendix in Agnellum apud Murator.
tom. II, pag. 207: qui iacet. . . . sub lapide marmoreo opere musaico.
Ein theilweise vergoldeter Grabstein von Marmor ist möglich, aber kein
musaicirter nach modernem Sprachgebrauch; wäre selbst aber unser
Mosaik gemeint, so könnten die gläsernen Würfel desselben doch nicht
auf Marmor angebracht sein, sondern blos im Mörtel gewöhnlichen Mauer-
werks. Deutlich heißt es ferner in S. Laurentii episc. Sipontini n. n:
Et etiam (basilicatn) quam disposuit incipiens praeclara et admiranda
speciositate diversis coloribus minutisque vitreis lapidibus fulvo auro
supertectis, opere Maus0leo.... fabricare et consummare studuit. Ebenso
hebt uns über allen Zweifel die Aussage apud Julium Firmicum, lib. Ill,
(ex emendatione Scaligeri) hinweg, der da bestimmt bemerkt: inauratores
au! musivarios, und in den Digesten stehen die musearii gleich neben
den deauratores, während die pictores an einem ganz anderen Orte
aufgeführt werden. Auch die Acten der siebenten Synode, 4, stellen
üloygmplu, d. i. die Decoration der Glasgefäße mittelst Einritzen oder
Graviren des Goldbelegs, wie es Cennini beschreibt, neben povaslmu.
Würde musivum etc. nach heutigem Gebrauche das Zusammengesetzte
überhaupt bezeichnen, wie käme es, dass die Quellen immerdar, wo von
Steinmosaik (des Estrichs) und Goldglasmosaik (der Wände etc.) zugleich
die Rede ist, nur letzteres mit. dem Ausdrucke belegen? So in Notis
Tyronis, pag. x63, inscriptio epist. 67 codicis Carolini: in qua continetur
de musivo atque marrnore palatii Raveuat. civitatis. Und daselbst: palatii
Ravenatis musiva atque marmora. Oder bei Guillelrnus de Baldensel in
hodoeporico cap. 5: ubi est locus praesepii artis ministerio, marmoribus