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Full text: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 10)

Culturgrad voraus. Trotzdem bewegen sich die alt-europäischen Bronzen 
noch ganz innerhalb dieser primären Formen, wenn sie auch in gewissen 
Ländern zu einer sehr großen Vollkommenheit sich entwickelten. Sehr 
merkwürdig ist der directe Vergleich dieser BronzewaHen, Bronze- 
schwerter, -I.anzen, -Arm- und Beinringe, der großen Spiralen und Hals- 
ringe mit den Metallgeräthen afrikanischer Negervölker, wo nicht nur 
die Formen, sondern auch wieder die Ornamentik, ja selbst das Einlegen 
mit verschiedenen Metallen zu weitgehenden Analogien führt. 
Die Fertigkeit, welche sich Naturvölker in der Bearbeitung der 
Metalle aneignen, und der Geschmack in der Behandlung des Metalldrahtes 
ist außerordentlich bemerkenswerth. So sind die alten Bronzen in einer 
Weise geschmiedet und gehärtet, das afrikanische Eisen so gut gestählt, 
wie wir es nur immer von einer entwickelten Industrie verlangen können. 
Ja in der Bearbeitung der Bronze speciell ist die moderne Industrie auf 
die Stufe der Vervollkommnung des Treibens des Metalles und der 
Feinheit im Guss noch immer nicht gelangt, auf der jene alten Völker 
standen. Hier wirken eben Jahrtausende in ununterbrochener Continuität 
des Handwerkes fort und sammeln sich Fertigkeiten und Erfahrungen 
an, die in der modernen Zeit wieder verloren gehen durch die rasch auf- 
einander folgenden großen Erfindungen, welche die Technik der Voreltern 
in Vergessenheit bringen. 
Solche primäre Formen, die stets in Verwendung mit einer einfachen 
gewerblichen Technik stehen, wenn auch das Product eine künstlerische 
Vollendung erlangt hat, erhalten sich bei Völkern, die geographisch 
isolirt sind, außerordentlich lange, und zwar so lange, bis fremder Einßuss 
andere Formen importirt oder eine höher stehende Cultur auf sie direct 
einwirkt. Kriegszüge unternehmender Völker und Handelsbeziehungen 
sind es zumeist, welche in dieser Beziehung einwirken. Speciell bei 
uns in Mitteleuropa haben sich beide Einliüsse sehr bald geltend gemacht. 
Von Osten nach Westen und von Süden nach Norden war eine be- 
ständige Bewegung der Völker wahrnehmbar, welche rückströmend nach 
Osten und Süden sich in anderen Zeiten wieder geltend machten. 
Ebenso haben gewisse Producte wie gerade das Zinn in Spanien 
und Indien, der Bernstein im Norden und dann die Erzlager in den 
Alpen Handelsbeziehungen in sehr früher Zeit hervorgerufen. Wenn 
wir nun an die Besprechung der in Oesterreich gefundenen Bronzen 
gehen, so müssen wir uns dieser allgemeinen Verhältnisse klar sein und 
die natürlichen Consequenzen daraus ziehen. Auch hier hatten wir zur 
Steinzeit und in der ersten Bronzezeit wesentlich nur die Formen- 
charaktere, die wir als die primären bezeichneten, gefunden. Es war ein 
lrrthum zu glauben, dass die Bronze in ihren einfachen, edlen Formen 
nicht dieser primären Cultur entspringen könnte und vorauszusetzen, 
dass auch diese importirt sein müsse. Diese Voraussetzung triEt nicht 
zu, weil wir nunmehr wissen, dass selbst Naturvölker in der Metall-
	        
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