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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 10)

stehende Cultur ungünstig von dem Nachbar in seiner Formengebung 
beeinflusst werden kann. 
Als ein Naturgesetz der Formentvßrickelung müssen wir aber an- 
nehmen, dass die weit größere Beeinflussung immer von der höher 
stehenden Cultur ausgeht und besonders dort auftritt, wo sie thatsächlich 
durch Eroberungen und durch sonstige Machtmittel zur Geltung kommt. 
Haben sich ja doch auch jene barbarischen Völker des Nordens, welche 
zerstörend in die antike Cultur eingegriffen haben, selbst als Eroberer 
diesen Cultureinfllissen nicht auf die Länge entziehen können. 
Nach diesen Darstellungen der Formentwickelung geht für unsere 
Länder auf Grundlage der fortgesetzten Forschungen, wie mir scheint, 
hervor, dass wir es bis zur Bronzezeit und bis zum Beginn der Eisenzeit 
mit einer mehr oder minder vorgeschichtlichen primären Formentwickelung 
zu thun haben und in späterer Zeit zwei Strömungen nachzuweisen 
sind, welche dieselbe beeinflussten, und zwar: erstens die griechisch- 
etruskische, als eine vorübergehende, die römische, aber als eine bleibende, 
denn auch nach dem Verdrängen der Römer sind die römischen Formen 
nicht mehr ausgestorben. Die germanischen Völker waren gegenüber 
den Römern auf einer viel zu tiefen Culturstufe, um die römischen 
Formen bei dem Volke wieder gänzlich zu verdrängen. So sind fast 
alle unsere Handwerks- und Ackergeräthe, die Handwerkseinrichtungen, 
wie die Drehscheibe, die Bauart der Straßen und Befestigungen römischen 
Ursprungs und bis in das Mittelalter hinein in sehr langsamer Ent- 
wickelung begriffen gewesen. 
Heute noch sind aber in slavischen Ländern die Gefäßformen 
römisch, und heute noch ackert der Bauer im Gebirge mit dem römischen 
Plluge, und wir Alle sehen diese Reste alter Culturen im Volksgebrauche 
ohne uns von der culturgeschichtlich tausendjährigen Entwickelung, 
welche jede einzelne Form bedingt, Rechenschaft zu geben. 
Das steierische Kunstgewerbe auf der Landes- 
ausstellung in Graz. 
Von J. v. Falke. 
Sowohl nach der Zahl der Aussteller wie nach der Zahl der Gegen- 
stände kann rnan dasjenige, was die Grazer Ausstellung an kunst- 
industriellen Gegenständen darbietet, nicht gerade bedeutend nennen. In- 
dessen ist es ja eine Landesausstellung, welche prinzipiell nicht über die 
Grenzen der Provinz hinausgehen wollte und nur einzelnen fremden 
Firmen ausnahmsweise Zulass gewährt hat. Dessenungeachtet bietet 
gerade die Kunstindustrie ein besonderes Interesse, sowohl für uns, die 
wir die Dinge vorn allgemeinen Standpunkt aus betrachten, wie für das 
Land selbst. Die Auswahl - das machte sich angenehm bemerkbar - war
	        
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