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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 11)

wird sich wiederum im Wege des Rückschlusses aus der Betrachtung ge- 
wisser Verhältnisse der modernen Zeit ergeben. Heutzutage hat man 
nämlich, namentlich in Ungarn, im Wege einer sogenannten Hausindustrie 
auch die Teppichwirkerei nach Art der orientalischen Kilim einzuführen 
gesucht, welche Teppichwirkerei, wie ich hier vorläufig einschalten will, 
in früheren Jahren auch von den Serben in Syrmien und anderwärts be- 
trieben wurde. Alte serbische Wirltteppiche aus Syrrnien haben sich in 
genügender Anzahl erhalten. Vergleicht man damit einen neuen ungari- 
schen Teppich, wie sie namentlich im Torontaler Comitat hergestellt 
werden, so macht sich der Unterschied schon in der Farbengebung zu 
Ungunsten der modernen bemerkbar. Dies wäre aber noch der geringere 
Mangel; der Hauptnachthcil der modernen ungarischen Teppichwirkerei 
liegt in der geringen Solidität und Dauerhaftigkeit ihrer Erzeugnisse. 
Während man nämlich bei dem alten syrmischen Teppich die Einschlag- 
fäden gewaltsam auseinanderzerren kann, ohne dass der Kettfaden zu- 
tage tritt, lassen sich an den neueren ungarischen Teppichwirkereien die 
Einschlagfäden mühelos auseinanderschieben. Ein solches schütteres Ge- 
webe mag sich nun allerdings eine Zeit lang als Modeartikel behaupten, 
aber zu ernstlichen Gebrauchszwecken, wie einstmals, ist es völlig un- 
geeignet. Woher nun dieser Unterschied zwischen Einst und Jetzt? 
Er findet lediglich in den veränderten wirthschaftlichen Verhält- 
nissen, in dem damit zusammenhängenden Wechsel der Betriebssysteme 
seine Erklärung. Bleiben wir bei unserem Beispiele. Der alte syrmische 
Teppich wurde vor etwa hundert Jahren im Wege des Hausfleißes her- 
gestellt. Eine zur sogenannten Hauscommunion vereinigte serbische Fa- 
milie hat ihn in den winterlichen MuBestunden für ihre eigenen Zwecke 
gearbeitet, und es weder an Material, noch an Sorgfalt bei der Ausfüh- 
rung fehlen lassen, um ein in seiner Weise vollkommenes Stück herzu- 
stellen. Ganz anders der neue ungarische Teppich. Dieser wird durch 
eine geschäftliche Unternehmung auf den Marktvorratb hergestellt, und 
zwar von Arbeitern, die nach Stunde und Stückzahl bezahlt werden. Das 
persönliche, man möchte sagen ethische Interesse des Arbeiters an seinem 
Teppich kann doch in dem letzteren Falle nur ein viel geringeres sein, 
als bei jenem im Wege des Hausfleißes erzeugten syrmischen Teppiche. 
Aber dies wäre noch immer nicht das Entscheidende. Man brauchte nur 
weniger mit dem Material zu sparen, und den Arbeiter zu jener größeren 
Sorgfalt anzuhalten, wie es erforderlich wäre, um die Güte der alten 
Teppiche zu erreichen. Dem steht nun heutzutage absolut hindernd der 
Umstand entgegen, dass die Teppichwirkerei, als ausschließliche Hand- 
arbeit unzugänglich jedem mechanischen Betriebe und somit auch einer 
Abkürzung der Arbeitszeit, verhältnissmäßig viel Zeit beansprucht, und 
daher - wenn mit der alten Sorgfalt betrieben - so große Kosten ver- 
ursachen müsste, dass das Product, der Teppich, der doch in seiner Art 
kein Kunstwerk oder Luxusobject darstellen soll, keinen vernünftigen
	        
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