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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 11)

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Käufer finden könnte. Die reine Handarbeit ist eben überall dort, wo 
nicht etwa auf Herstellung von kunstvollen Luxusobjecten, wie z. B. 
Gobelins nach Pariser Art, ausgegangen wird, mit dem europäischen ln- 
dustriesysteme nicht mehr dauernd zu vereinigen. Nur wo das primitive 
Betriebssystem des Hausfleißes noch lebendig ist, dort kann sich auch 
noch die Handwirkerei erfolgreich behaupten. S0 liegen die Dinge heut- 
zutage; bevor wir daraus die Nutzanwendung für vergangene Zeiten 
ziehen, wollen wir vorerst noch die zweite Hauptgruppe der orientalischen 
Teppiche betrachten, die Knüpfteppiche. 
Der Knüpfteppich ist im Sinne des gewöhnlichen Sprachgebrauches 
der orientalische Teppich schlechtweg. Wenn wir von orientalischen 
Teppichen sprechen, so denken wir gewöhnlich an einen Knüpfteppich. 
Das vorhin erwähnte Kilim steht ihm in Bezug auf, die Ausdehnung 
seiner Verwendung seitens der Europäer weit nach. Das Kilim dient bei 
uns eben hauptsächlich nur zu Portieren; der Knüpfteppich ist dagegen 
vor Allem Fußteppich, wird aber daneben auch zu allen möglichen Ta- 
pezierzwecken herangezogen. Was uns am Knüpfteppiche im Zusammen- 
hange mit dem vom Kilirn Gesagten besonders interessirt, ist seine Technik. 
Seine vornehmste Bestimmung als Fußteppich von entsprechender Dicke 
und Widerstandsfähigkeit gegen Druck und Reibung bedingt, dass die 
Fäden nicht dicht und glatt nebeneinander liegen wie beim Kilim, son- 
dern plüschartig in die Höhe ragen. Diese Bedingung erscheint nun beim 
orientalischen Knüpfteppich in der einfachsten Weise erreicht. Um je 
zwei benachbarte Kettfäden wird ein Wollbüschel in der Weise geschlungen, 
dass die beiden Enden des Blischels zwischen den zwei Kettfäden empor- 
ragen. Dasselbe wiederholt man, horizontal weiter gehend, beim nächsten 
Paar von Kettfäden, und so die ganze Breite der Kette hindurch. lst 
eine Reihe solcher Einknüpfungen vollendet, so werden ein oder mehrere 
Schussfäden in der ganzen Breite der Kette eingetragen, um die ein- 
geknüpfte Reihe von Büscheln festzuhalten. Ob diese Schussfäden mittelst 
des WeberschilTchens oder, wie es im Orient heute noch überwiegend 
geschieht, unmittelbar mit der Hand eingetragen werden, ändert nichts 
am Grundcharakter dieser Knüpftechnik, die wir gleichfalls - wie beim 
Kilim - im Wesentlichen als bloße Handarbeit bezeichnen müssen. Sie 
bereitet den Arbeitern ebensowenig technische Schwierigkeiten, wie die 
Wirkerei. Dies beweist schon die rasche Verbreitung, welche die Knüpfung, 
oder wie man sie auch zu nennen pliegt: die Smyrna - Technik, in den 
Kreisen unserer modernen Dilettantinnen gefunden hat. 
Wenn uun trotzdem auch der Knüpfteppich im Allgemeinen nicht 
im europäischen Westen erzeugt, sondern jederzeit überwiegend aus dem 
Orient eingeführt worden ist, so dürfen wir den Grund dafür nach der 
obwaltenden Analogie mit dem Kilim wohl ebenfalls in der Verschieden- 
heit der wirthschaftlichen Verhältnisse zwischen Orient und Occident er- 
blicken. Wenn auch in Folge der Bemühungen der Kaufleute, den ge-
	        
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