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steigerten Bedarf an orientalischen Teppichen zu decken, das auf Massen-
erzeugung von Marktwaare gerichtete europäische Betriebssystem im '
Oriente immer mehr Eingang findet, so sehen wir dennoch daneben noch
in weiten Gebieten das alte Betriebssystem des Hausfieißes in der Teppich-
erzeugung vorherrschend. Ein großer Theil der nach Europa verhandelten
Teppiche wird nämlich von den kurdischen und turkmenischen Nomaden
gearbeitet, deren wandernde Lebensweise keine dauernde Ausübung des
Aclrerbaues gestattet, aber neben der Viehzucht noch reichlich Zeit übrig
lässt für die Beschäftigung mit einer von altersher überlieferten und in
erster Linie für den eigenen Gebrauch thätigen Teppicherzeugung. Aber
auch die sesshafte bäuerliche Bevölkerung von Anatolien bis Persien ver-
steht es noch heute, so wie vor Jahrhunderten, sich ihren Hausbedarf
an Teppichen selbst zu erzeugen.
Wirthschaftliche Verhältnisse sind es also, die uns heute zwingen,
die beiden geschilderten Gattungen von Teppichen - gewirkte und ge-
knüpfte - aus dem Oriente einzuführen, und auf eine einheimische Er-
zeugung derselben zu verzichten. Wenn wir nun gesehen haben, dass die
Spätrömer und die Renaissancemenschen des 15. und 16. Jahrh. dasselbe
thaten, so werden wir wohl kaum fehlgehen, wenn wir für diese Er-
scheinung die gleiche Ursache verantwortlich machen, wie für den heu-
tigen Zustand. Es liegt wohl in der eigenthürnlichen Bodengestaltung und
in der klimatischen Beschaffenheit, sowie in den hiedurch bedingten
ethnographischen Verhältnissen des Orients begründet, dass sich daselbst
neben einer mitunter hochentwickelten lndustrie allezeit auch das primitive
Betriebssystem des Hausfieißes, namentlich für die Befriedigung des Be-
dürfnisses an textilen Gebrauchsgegenständen, lebendig erhalten hat.
Leider hat die Wirthschaftsgeschichte des Orients bis zum heutigen Tage
noch nicht jene eingehende Bearbeitung erfahren, die uns in Stand setzen
würde, die genannten Bedingungen genauer zu verfolgen und in ihren
verschiedenartigen Aeußerungen bestimmter zu umgrenzen. Jedenfalls bot
die abendländische Culturwelt sowohl in der spätantiken als in der Re-
naissancezeit ebenso wie heutzutage in wirthschaftlicher Beziehung ein
wesentlich anderes Bild als der Orient. Ein stark ausgebildetes Städte-
wesen, dichte Bevölkerung, intensive Bodenbewirthschaftung, ohne die
eine zur Erhaltung nothwendige Bodenrente gar nicht zu erzielen wäre,
dies sind Alles Umstände, die im Abendlande unaufhaltsam und gebieterisch
zur Ausbildung der lndustrie hindrängen mussten. Die eben genannten
Umstände finden sich allerdings stellenweise auch im Orient; die Industrie
aber, die sie dort hervorbrachten, war im Wesentlichen immer eine
höfische, für die Herrscher und die Vornehmen berechnete, während die
über das ganze weite Gebiet vom Balkan bis zum Himalaya verbreitete
Volkskunst so wie heute gewiss auch früher allezeit im Hausfieiße
wurzelte.