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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 11)

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Steiermark. Vollständig neu sind die Urkundenauszüge bezüglich des berühmten Mai- 
länder Waßenschmiedes Antonio Missaglia, sie bilden eine werthvolle Ergänzung zu 
unseren erwähnten biographischen Ausführungen über die Familie. 
Bei einigen Schwertklingen wird, vielleicht nur zufällig, übergangen, dass dieselben 
das Zeichen des Passauer swolfs- tragen. Etliche jüngere zeigen zwar ebenfalls den 
-Wolfc, sind aber Solinger Fabricat, da einzelne Werkstätten letzterer Stadt sich dieses 
altberühmten Zeichens später bemachtigten. lm Großen und Ganzen jedoch muss man 
in der Behandlung der Handwalfen mit aller Anerkennung hervorheben, dass der Ver- 
fasser bemüht war, die Klingenzeichen in möglichster Treue im Bilde zu bringen. Da- 
durch wird das Werk für den Sammler ungemein werthvoll, der nur durch sorgfältiges 
Studium der Marken zu einer richtigen Schätzung des Werthes der Klingen ge- 
langen kann. 1 
Zum Schlusse möge noch eine interessante wissenschaftliche Controverse Er- 
' wahnung finden, in welche der Verfasser mit Yriarte gerath. Dieser sehr eifrige Schrift- 
steller hatte in der Gazette archeologique, Bd. 14, p. 77, ein Essay über einen Meister 
Ercole da Pesaro veroEentlicht, der eigentlich nur in einem einzigen Documeate des 
Vaticans als Fertiger einer Halskette t5o6 erscheint, welches E. Müntz verotfentlichte. 
Nach einer, auf einem SchwertgrilTe gefundenen lnschrift tOpus Herculisu, kommt nun 
Yriarte zu der Ueberzeugung, sein Ercole habe nicht nur die GriKe, sondern auch die 
oft sehr werthvollen Gravirungen auf Ochsenzungenklingen gemacht und zahlt deren 
nicht weniger als 35 in den Sammlungen befindliche derlei Werke auf, die er ohne 
viel Federlesens seinem Pesareser Meister zuschreibt. Und wie eine lrrung oft die 
Quelle vieler anderer wird, baut er auf Grund von irrig aufgefassten Documenten 
aus dem Archivio Gonzaga zu Mantua und anderen Wahrnehmungen auf den ihm will- 
kürlich zugemutheten WatTen ein biographisches Phantasiegebilde auf, das an Kühnheit 
nichts zu wünschen übrig lasst. Er lasst ihn an der Seite Pinturicchitfs inmitten der 
Humanisten und Poeten wandeln, welche Alexander VI. verherrlichten, lasst ihn, der 
noch das antike Rorn gesehen, einziehen in die aedes Bnrgiae, die der Papst von seinem 
begünstigten Meister im großartigen Stile ausstatten ließ, lasst ihn Pisa erblicken, als 
noch der Dom dem schiefen Thurme eine Stütze bot, begleitet ihn nach Mantua zu den 
Gonzaga, nach Ferrara zu den Este, wo überall er arbeitet u. s. w. All' derlei Ueber- 
schwenglichkeiten hätten unseren Autor kühl gelassen, wenn Yriarte nicht an einer Stelle 
seines Essay's bemerkt hatte: aLH celebre Armerie de Turin a trois lames courtes du 
maitre (Ercole da Pesaro) dont une ornee de nielles aux armes d'Alphons, duc de Ferrare 
le mari de Lucrece Borgia -c. wlch binu, sagt Angelucci, nfßrmlich aus den Wolken über 
diesen Satz gefallen, der drei Behauptungen enthalt, von welchen eine unrichtiger ist, 
als die anderen 110 scrivo con i documenti nelle maniu, ruft Angelucci und legt es klar 
vor Augen, dass der übrigens in Pesaro unbekannte und überhaupt ganz unbedeutende 
Ercole an allen den bezeichneten Orten zugleich geweilt haben müsste, um Yriarte's 
Angaben zu entsprechen. Dieser Ercole da Ferrara ist, wie der Verfasser urkundlich 
nachweist, der Goldschmied Salomone da Sesso, ein Jude, geboren um 1465, der t4gt 
mit seiner Familie das Cbristenthum und, wie es damals üblich war, den Namen 
seines Taufpathen annahm, der Taufpathe aber war Herzog Ercole l. von Este. lm 
ilVeiterea constatirt der Verfasser, dass Ercole da Sesso überhaupt im Watfenfache nicht 
thatig gewesen ist und somit auch nicht die 35 Ochsenzungen, deren Mache verschiedene 
l-lande erkennen lassen, gefertigt haben konnte. vE questo Fta auggel ch'ogni uomo 
sgannic, schließt Angelucci seinen Gegenbeweis mit einem Citate aus Dante. Der Abschnitt 
ist ergützlich nachzulesen, er hatte aber, wie auch der Autor fühlt, in der nGazette ar- 
cheologiquet eine entsprechendere Stelle linden können, als in einem Catalogue raisonne, 
der einen ganz anderen Leserkreis besitzt. 
lm Repertorium für Kunstwissenschaft Xlll,-5, beschäftigt sich C. v. F. gleichfalls 
mit den famosen Entdeckungen Yriarte's und ungeachtet der Autor Angelucci's Catalogo 
ersichtlich nicht gelesen hat, hegt auch er einigen Zweifel über die Stichhaltigkeit der- 
selben. Die Notiz ist ganz interessant, überrascht den Kunsttechniker aber mit der 
Entdeckung eines ngoldeiagelegten Nielltfsa. 
Angelucci's Werk bringt überall eine richtige fachgemaße Erklärung und eine 
annehmbare Terminologie, die meist auf Urkunden beruht. Sehr lobend müssen wir der 
vorzüglich gearbeiteten Register gedenken, welche den Gebrauch des umfangreichen 
Werkes ungemein erleichtern. Die Illustrationen, Holzschnitte, genügen im Ganzen, 
wenn sie auch zuweilen hart gerathen sind. Nicht entsprechend dem Werthe des Buches 
müssen wir die Leistungen der Tipograha Editrice erklaren. Der Text wimmelt, und 
selbst im Italienischen, von Druckfehlern, die bei einer intelligenten Leitung hatten 
leicht vermieden werden können. Wenn ein Unternehmen Anspruch auf Geltung macht, 
so muss es mit mehr Erfolg den besten Leistungen des Auslandes nachstreben. Wir 
besitzen in Oesterreich und Deutschland Druckereien privater Firmen, die Aufträge in
	        
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