-- Kleinkunst verschiedener Stilformen vor-
gefunden, das um so interessanter war, als
es nicht die Höhepunkte, sondern den mitt-
leren Durchschnitt verschiedener Epochen
darbot, nicht Ausnahmeleistungen, sondern
das zeigte, was Allgemeingut geworden
war. Doch war ja schließlich zuerst für
die Lebenden zu sorgen, ehe die Toten
daran kamen. Daß die Grabmalplastik auf
Abwege geriet, hat außer der allgemeinen
Abschwächung des künstlerischen Gefühls
seine besonderen, tieferen Gründe. Wenn
Goethe bei einer anderen Gelegenheit be-
hauptet, daß die Menschen nur so lange
schöpferisch in der Poesie und in der bil-
denden Kunst seien, als sie religiös seien,
so gilt das in ganz besonderem Maße für die Sepulkralkunst. Während sich
auf anderen Gebieten das Kunstvermögen mit der fortschreitenden Be-
herrschung der Außenwelt steigert, nützen jener Freilicht und Impressio-
nismus nichts, wenn nicht das Verhältnis von Leben und Tod in unserer
Gedankenwelt in jene festen Formen gebracht ist, über welche die Religion
verfügt und zwar diese allein. Unsere Zeit ist ungläubig, sie anerkennt das
frühere Verhältnis nicht mehr, ohne dafür ein anderes mit Bestimmtheit
einzusetzen. So müssen die alten, immer noch gebrauchten Formen inhalts-
los, zu leerer Allegorie werden. Wenn die Künstler ohne innere Überzeugung
schaffen, werden sie unwahr.
Die Kraft der Idee gab schon dem kunstlosen Urmenschen Mittel an
die Hand, den Tod als das darzustellen, was er ihm erscheinen mußte, als
Niederlage des Menschen im Kampf mit der Naturgewalt. Seine Grabmäler
sind Denkmäler dieser rücksichtslosen, gigantischen Naturgewalt, gewaltige
Steinmassen, aufgeschichtete Blöcke wie die Riesensteine, Menhirs und
Dolmen, bei deren Anblick sich auch der Kulturmensch des Schauers nicht
erwehren kann und sich recht klein vorkommt. Dasselbe Gefühl leitete
auch die Erbauer der Pyramiden und Obelisken, ja es war noch bis ins
vorige Jahrhundert bei den Schöpfern jener gewaltigen Torbauten dorischen
Stils lebendig, welche die Welt der Toten von jener der Lebenden trennen.
Klein und nichtig erscheint das Leben des Einzelnen unter diesen riesigen
Säulenhallen, diesen hochgespannten Kuppelbauten, klein und nichtig auch
der Schmerz um den Verlust. Unserer Zeit ist die Kunst, mit großen und
einfachen Verhältnissen zu operieren, verloren gegangen, nur einige wenige
Architekten wie Schumacher, Bruno Schmitz, der Münchener Grässel
beginnen sich wieder in sie hineinzufinden, der letztgenannte besonders bei
seinen Münchener Friedhofsanlagen. Es ist als ob die menschliche Eitelkeit
sich gesträubt hätte, Verhältnisse zu schaffen, die für die Enge ihrer
H. Hahn, Grabstätte BiHar, Vorderansicht