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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1890 / 12)

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ist, wie sonst nur die Verkündigung, wird wohl dem Einflusse Kölns 
zuzuschreiben sein. _ r 
Hier sind noch ein gothischer Teppich in der ungefähren Größe 
von 190 X 90 Centimeter zu erwähnen, der mit vielen Runden und Halb- 
runden zwischen Pflanzenornament, Dorngewinden, Kronen, Drachen 
u. A. m. geschmückt und an den Schmalseiten mit Friesstreifen abge- 
schlossen ist, und die beträchtliche Zahl von Messgewänclern, unter denen 
sich ganz herrliche Arbeiten farbiger Seidenstickerei auf Gold befinden. 
An Gefäßen ist die Kirche auffallend arm. Die Erklärung dafür 
liefert der Platz auf dem Hauptaltar, wo einst zwischen den noch vor- 
handeuen silbernen Kopfreliquiarien eine vom Erzbischof Bruno von 
Köln (1- 965) geschenkte wgoldene Tafelu mit dem thronenden XVelt- 
heilende zwischen Evangelisten und Propheten als Untersatz des Victor- 
schreins gestanden hat. Wie schon oft bei Feuers- oder Kriegsgefahr 
wurden zur Zeil des Einbruches der Revolutionstruppen aus Frankreich die 
Kostbarkeiten der Kirche in Sicherheit gebracht, die goldene Tafel aber 
kam nicht wieder zum Vorschein, als die Gefahr vorüber war; wohl hat 
sich die Legende erhalten, der Schatz sei an einem sicheren, noch nicht 
entdeckten Orte geborgen, allein es muss befürchtet werden, er sei nach 
dem Metallwerthe veräußert worden, und dasselbe Schicksal mögen 
Kirchengefäße getheilt haben. lst es doch ein Glück zu nennen, dass 
nicht, wie so häufig (z. B. in Paderborn) die Gewänder zum Ausschmelzen 
des Goldes weggegeben worden sind. Was die Schatzkammer jetzt noch 
besitzt, die Elfenbeinkästchen aus römischer und fränkischer Zeit, das 
Tragaltärchen mit Gewandresten des heil. Victor, sowie die Altarbilder 
von Jan von Calcar, Bartholomäus de Bruyn u. A" das Alles hat längst 
seinen Platz in der Kunstgeschichte. B. 
Die Hauptstücke des Schatzes von Reichenau. 
Von Albert H 0 fm a u n - Reichenberg. 
(Schluss) 
Die hier geschilderte Freiheit und Großartigkeit nicht minder wie 
die dramatische Bewegung der Figuren und andere Momente kann man 
ebenso für die Sculpturen in Anspruch nehmen. Bei allen diesen Vorzügen 
sind die Bildwerke jedoch noch weit entfernt von den wundervollen 
Elfenbeinsculpturen des 14. Jahrhunderts, welche die lnnung der yma- 
gieres in Abbeville im Norden Frankreichs in den Handel brachte, und 
damit fast das ganze Abendland versah. Auf die Stufe der Bildwerke 
von Notre Dame de Rheims, welchen die Arbeiten von Abbeville nach- 
gebildet sind, können sich die Schnitzwerke der Reichenau nicht auf- 
schwingen. Die Kirche hat sich immer mit Vorliebe des Elfenbeines he- 
dient, da es vom Elephanteu kommt, der nach einem Ausdrucke Notker
	        
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