Befriedigung geworden. Seitdem der populär sogenannte Welfenschatz, d. h. die ehemals
im Dom zu Braunschweig befindlichen, dem Hause Braunschweig-Lüneburg gehörigen
Reliquiarien im Welfenmuseum zu Hannover und seit 1867 im Oesterr. Museum iniWien
der allgemeinen und öffentlichen Besichtigung zugänglich gemacht, ist der kunstarchäo-
logische und kunstgeschichtliche Werth desselben in aller Welt anerkannt. Eine wissen-
schaftliche Monographie über denselben, ausgestattet mit möglichst getreuen und voll-
kommenen Abbildungen satt-amtlicher Gegenstände musste darum nicht blos der Wunsch
der Kunstfreunde sein, sondern von ihnen mit voller Dankbarkeit begrüßt werden. Der alte
beschreibende Katalog von Molnnus, der zuerst 17x; und dann in drei späteren Auflagen
erschien, genügte in keiner Weise, weder wissenschaftlich noch künstlerisch. Köni
Georg V. von Hannover beabsichtigte wohl das erwünschte Werk, allein das Jahr x86 ,
welches den Schatz nach Wien hinüberführte. unterbrach das begonnene Unternehmen.
Sein Sohn Herzog Ernst August von Cumberland hat es nunmehr vor einigen Jahren
wieder aufgenommen und mit der Ausführung den Professor an der Wiener Universität
lJr. W. A. Neumann betraut. Sein Werk liegt uns nun in einem stattlichen Foliobande
vor, dessen Aeußeres schon den vortheilhaftesten Eindruck macht. Einband, Druck, illustra-
tionen stimmen harmonisch zusammen. Der Druck ist aus der Druckerei von Holzhausen
hervorgegangen, der mit seinen Ornamenten im romanischen Stil gehaltene Einband ist
nach einer Zeichnung von Avanzo gemacht, die Holzschnitte sind wahre Kunstwerke aus
dem Altelier von Bader. Sie sind geschnitten nach Photographien, welche unmittelbar
auf den Holzstock gemacht worden , und wo sich Unklarheit zeigte, ist vor dem Original
die Nachbesserung geschehen. So ist die zuverlässigste Treue erreicht. Was den Text
betrifft, so ist er von wünschenswerthester Ausführlichkeit, erhebt sich zu wissenschaft-
lichen Abhandlungen und greift oft in Excursen zu streitigen Fragen der mittelalterlichen
Kunstarchaologie hinüber. So bildet er eine sehr werthvolle Bereicherung seines Litteratur-
zweiges. Der Verfasser war durch vielfache Reisen in den Stand gesetzt, überall die ähn-
lichen und verwandten Gegenstände aufzusuchen und Vergleiche zu ziehen. Nach einer
Einleitung, welche sich insbesondere mit der Entstehung und Geschichte dieses Reliquien-
schatzes beschäftigt, behandelt er die Gegenstände desselben nach den folgenden Gruppen:
t. Kreuze; z. Tragaltare; 3. Reliquienschreine, Kästchen, Büchsen; 4. Tafeln und Buch-
einbande; 5. Büsten oder Kopfreliquiarien; 6. Arme (Brachia); 7. Ostensorien, Mon-
stranzen; 8. Ciborienförmige Gefäße; 9. Agnus Dei, Phylacterien (Reliquienkapseln);
to. Diverses.
Bei der Beschreibung der Gegenstände, welche allemal der archäologischen Be-
handlung voraufgeschickt ist, konnte der Verfasser sich einer Vorarbeit des verstorbenen
Wiener Archäologen und Galvanoplastikers Karl Haas bedienen, welcher vor einigen
Jahren die Gegenstände in sorgsamer Reparatur hatte und bei dieser Gelegenheit außer-
ordentlich exacte technische und archäologische Beschreibungen verfasste. Sollen wir aus
den verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen, welche dieses große Werk enthält,
Einiges hervorheben, so ist es die Erörterung über das Welfenkreuz, über den Reliquien-
schrein in Form einer Kuppelkirche, sowie über die Tragaltare, welche sich in der Col-
lection an Zahl und Interesse beisammen finden wie nirgendwo sonst. Auf die Resultate
der Untersuchungen einzugehen ist hier nicht der Ort, das Werk aber als Ganzes allen
Studiengenossen zu empfehlen, ist Pflicht und Vergnügen zugleich. J. v. F.
so
Kleine Galeriestudien. Von Theodor Frirnmel. t. Lieferung. Bamberg,
Büchner, t8gt. 8". IV, 137 S. M. 3.
Diese nkleinen Galeriestudien- sollten wohl richtiger heißen wätudien in kleinen
Galerienn, denn um solche handelt es sich, um Privatgalerien, städtische Galerien, welche
um minderer Bedeutung und Große willen von der Kunstfnrschung bisher mehr oder
weniger vernachlässigt worden. Es ist ein guter Gedanke FrimmePs, dieselben gewisser-
maßen nabiuforschenu, denn ohne Zweifel geht daraus mannigfacher Gewinn hervor,
sowohl für die allgemeine Kunstgeschichte, wie für die Geschichte der einzelnen Meister
und der einzelnen Bilder. Die Publication ist darum mit Dank zu begrüßen. Sie soll ie
nach dem Fortgang der Studien in zwanglosen Heften erscheinen. Dieses erste Heft be-
schäftigt sich mit der trotz ihrer Verkleinerung immer noch sehr bedeutenden Galerie
des Grafen Schonborn in Pommersfelden, sodann mit zweien Sammlungen in Bamberg,
der städtischen und der des Herrn Buchner, mit der Galerie in Wiesbaden und endlich
mit der des Grafen Nostiz in Prag. Vorausgeschickt diesem ersten Hefte ist eine Ab-
handlung über die Schwierigkeit und die Gefahren und Verlegenheiten einer kritischen,
auf die Echtheit abzielenden Untersuchung und Namengebung, wobei insbesondere (es sei
dabei an Morelli's entscheidende Ohren, Finger und Nägel erinnert) auf die rCraquelurec
der Bilder, auf die verschiedenen und verschiedenartigen Risse in der Oberßäche oder im
Farbenkorper als ein sicheres Mittel der Bestimmung des Weitera und Nahern aufmerksam