Die Ausstellung historischer und nationaler Costüme
im Oesterr. Museum.
Von J. v. Falke. (Schluss)
Aehnliches lässt sich nun überall von den Volkstrachten nachweisen,
wenn auch nicht bei jedem Detail die Entstehung und Veränderung durch
Verwandtschaft mit der Mode gleich klar und deutlich in das vAuge
springt. Ob dasselbe nun auch bei allen jenen bunten Trachten der öst-
lichen und südöstlichen Völkerschaften Europas welche ich den natio-
nalen Costümen zugerechnet habe, der Fall ist, bei slavischen Völker-
schaften, den Griechen, Rumänen, Magyaren, das müssen wir bei dem
Mangel hinlänglicher Kenntnisse dahin gestellt sein lassen. Abbildungen
aus der Gegenwart haben wir genug, wie ja auch die Originale zahlreich
und zum Theil glänzend auf unserer Ausstellung zu sehen sind. Aber
ihre Geschichte ist durchaus noch nicht bearbeitet. Wir wissen wenig
oder gar nicht, wie diese Völkerschaften im Mittelalter bekleidet waren,
und die vereinzelten Abbildungen, die sich etwa in den Trachtenbüchern
des 16. Jahrhunderts finden, scheinen wenig zuverlässig. Wenn ein
Schluss daraus erlaubt ist, so ist es der, dass alle diese nationalen oder
östlichen Volkstrachten im Mittelalter so wenig existirten wie die deutschen
Volkstrachten. Wie aber und wann, unter welchen Einflüssen sie sich
gebildet oder verändert haben, das ist vor der Hand nicht festzustellen.
Es ist anzunehmen, und lässt sich auch wohl nachweisen, dass im
Mittelalter im Osten Europa's so gut wie über die Culturländer des
Westens, eine allgemeine Mode existitte, welche ihr Centrum in Byzanz
hatte, eine Mode, welche bei den verschiedenen slavischen Völkerschaften
eine verschiedene Ausprägung erhielt und endlich nach dem Untergange
des griechischen Kaiserreichs der heutigen bunten Zersplitterung verfiel,
bei welcher nicht blos Stämme und Landschaften, oftmals selbst einzelne
Ortschaften ihre besonderen Trachtenformen besitzen.
Wenn wir also dem Eingehen auf die Geschichte dieser Costüme
entsagen müssen, so bieten sie uns ein anderes, sehr modernes Interesse,
nämlich ein künstlerisches. Und von diesem Gesichtspunkt aus können
wir zwei große Gruppen unterscheiden, die südlichen und die nördlichen,
zwischen denen der große Gebirgszug bis an das Schwarze Meer, in
Serbien auch die Donaujdie Grenze bildet. Die Costüme der Türken, der
Serben, der Türken Bosniens, der Griechen, Albanesen, Montenegriner,
Dalmatiner, so abweichend sie in Schnitt und Form unter einander sind,
haben das Gemeinsame der kostbaren Stickerei mit goldenen Schnüren
und Borten, welche diese Gewänder oft zu wahren Kunstwerken macht,
durch die wundervolle, überaus geschmackvolle Zeichnung und Anord-
nung dieser Verzierung. Unsere Ausstellung zeigt eine ganze Reihe
wahrer und mustergiltiger Prachtexemplare, sowohl in den Gewändern
der serbischen Fürsten, sowie der vornehmen Türken Bosniens und des-
gleichen bci Griechen, Montenegrinern und Dalmatinern. Wahrscheinlich