sind diese Costüme mit ihrer gemeinsamen Verzierung erst unter der
Türkenherrschaft entstanden. Dass sie auch heute noch fremden Ein-
Hüssen zugänglich sind, zeigt clas reiche Costüm des Fürsten Michael
Obrenovich, das moderne Eichenblätter, würdig einer Geheimrathsuniform,
unter die verschlungenen Arabesken mischt.
Auch die zweite, die nördliche Gruppe von Rumänien angefangen
bis zur mährisch-böhmischen Grenze, Slavonien und Croatien, die Buko-
wina und Galizien inbegriffen, hat bei aller Verschiedenheit und den
zahllosen Varianten, doch etwas Gemeinsames, und zwar ebenfalls in der
Stickerei. Und hier müssen wir, was die Musterung, nicht aber die Form
der Kleidung betrifft, wohl auf ein hohes Alter schließen, denn die Motive
in den Ornamenten der Stickerei sind nicht blos uralt, sie finden sich
auch überall um das Schwarze und das Mittelländische Meer herum,
überall in Russland und durch Asien hindurch. Daraus folgt aber nicht,
dass die Costlime selber so alt sind; die Stickerei in der Hand der Frauen
dieser Völkerschaften ging fort und übertrug sich auf alle Veränderungen
im Schnitt der Kleidung.
Von diesem Standpunkte aus, vom Standpunkte der Kunst und der
Stickerei sind uns nicht blos die ganzen Costüme interessant, sondern
mehr noch die einzelnen Theile, welche zahlreich im Saal IX die Wände
bedecken und die Kästen füllen, z. B. die weißen böhmischen Kopf-
tücher mit ihrer Blumenpracht, die mährischen Kragen und Manschetten,
die slovakischen und croatischen Jacken oder Leibchen und so vieles
Andere. Bekanntlich hat unsere moderne Stickerei schon viel gelernt von
diesen Arbeiten slavischer, magyarischer, rumänischer Bäuerinnen, aber
noch viel ist zu lernen übrig. Aber es ist Zeit zu sammeln und zu erhalten,
denn das Beste und Feinste gehört schon der Vergangenheit an.
Gehen wir in gruppenweiser Besprechung verwandter Costüme auf
unserer Ausstellung weiter, so tritt uns als eine Gruppe von anderer
und ganz eigener Art das Costüm der Japaner und Chinesen entgegen,
wiederum als eine andere Gruppe das Costüm der lndier und der
Völkerschaften Hoehasiens bis zu den Persern einschließlich. Während
in jener Gruppe Form wie Verzierung höchst bizarr und willkürlich
erscheinen, ist hier bei den lndiern und den Bewohnern Hochasiens die
Form der Gewandung natürlich, verschieden nach Land und Klima, und
die Musterung, ob durch Stickerei uder Weberei hervorgerufen, symme-
trisch und stilvoll. Die blumige Musterurg ist überall regelmäßig über
die Fläche vertheilt, mitunter einfach, mitunter auf große Pracht ange-
legt, mit viel Gold, viel Farbe, selbst mit kleinen Spiegeln, welche in das
blumige Muster eingefestigt sind. Die Verwandtschaft aller dieser Kleidestotfe
reicht von den Südspitzen lndiens bis hinan an den Kaukasus und bis an die
syrisch-mesopotamische Ebene, wo die arabischen Ornamentmotive beginnen.
Der indisch-persischen Gruppe stellt sich, wie gesagt, die japanisch-
chinesiche schroff gegenüber. So verschieden die Bewohner China's und