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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIII (1878 / 148)

sie den Vortheil einsehen , den ihnen das Unterrichtsministerium durch 
eine selbstständige Gewerbeschule zugewendet hat, und dass sich ihr Ver- 
sammlungs- und Vereinslocale in den Schullocalitäten befindet. 
Was die Staats-Gewerbeschule selbst betrifft, so ist sie ihrer ganzen 
Organisation nach im eigentlichen Sinne des Wortes eine "Werkmeister- 
schuleß mit einer speciellen Abtheilung für Bauhandwerker und einer 
zweiten Abtheilung für ornamentale Gewerbe. An diese schliesst sich dann 
eine "gewerbliche Fortbildungsschuleu an, welche Sonntags- und Abend- 
unterricht ertheilt, während die Werkmeisterschule für den Tagesunter- 
richt eingerichtet ist. Wir müssen es als einen ganz besonderen Vorzug 
dieser Schule hinstellen, dass dieselbe nicht darauf ausgeht, Künstler im 
eigentlichen Sinne des Wortes zu bilden, sondern es sich zur Aufgabe 
macht, nach allen Seiten hin gut geschulte Handwerker und Arbeiter her- 
anzuziehen, und dass sie im Ganzen und Grossen so organisirt ist, um 
die Bildung des Handwerkers und Arbeiters derart abzuschliessen, dass 
er mit seinem Eintritte in die Werkstätte oder in das Atelier in der Praxis 
sogleich thätig sein kann. Durch diese Organisation wird der falsche Ehr- 
geiz, welcher heutzutage so üppige Blüthen treibt, in der Wurzel ange- 
griffen und die jungen Leute, welche doch nur für das Gewerbe bestimmt 
sind, werden nicht mehr die Intentionen haben, Architekten, Ingenieure, 
Künstler , Maler oder Bildhauer zu werdeny sondern sie werden darauf 
hingewiesen, sich mit dem handwerklichen und gewerblichen Beruf inner- 
lich abzuhnden. Und wahrlich, wer die Misere eines Theiles unseres gei- 
stigen Proletariats in Oesterreich kennt, wird wissen, wie viele junge Leute 
sich heutigen Tages unglücklich fühlen, weil sie als Architekten und In- 
genieure keinen Platz finden, und von nie befriedigtem Ehrgeiz getrieben, 
keinen ruhigen Wirkungskreis sich mehr zu schaffen vermögen. Und darum 
wird man das Streben billigen müssen , dass der jüngere Arbeiterstand 
dem gewerblichen Berufe erhalten bleibt; denn für tüchtig gebildete Kräfte 
ist auch heutigen Tages, trotz der Ungunst der Zeitverhältnisse, das Ge- 
werbe noch immer ein goldener Boden. Speciell jener Theil der Bevöl- 
kerung, welcher mit dem Kunstgewerbe mehr oder weniger in Verbindung 
steht, wird sich freuen, an der Staats-Gewerbeschule eine Reihe von Lehr- 
kräften zu finden, die künstlerisch vollständig gebildet sind, und keinen an- 
deren Zweck verfolgen, als die Zielpunkte dieser Schule unverrückt im 
Auge zu behalten. Gegenwärtig wirken als Lehrkräfte: August Ortwein, 
Architekt und Director der Anstalt; August Gunolt, Architekt, ein 
Schüler EerstePs; Ingenieur Alois v. Frank; Franz Ign. Kneschaurek; 
Hermann Kühn, Architekt und Schüler der Wiener Kunstgewerbeschule; 
Carl Lacher, akademischer Bildhauer; Johann Lepuschütz, akade- 
mischer Maler; Conrad Lueff, Stadtbaurneister u. a. m. 
Aus Anlass der feierlichen Eröffnung der Staats-Gewerbeschule 
hat der Verein zur Förderung der Kunstindustrie in Graz eine kunst- 
gewerbliche Ausstellung veranstaltet, die, so klein sie ist, doch
	        
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