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geschichte der Renaissance in Italien beigegeben hat, heisst es: nDer Verfasser glaubte,
es sei wünschbar, dass neben die erzählende Kunstgeschichte auch eine Darstellung nach
Sachen und Gattungen trete, gleichsam ein zweiter systematischer Theil, wie dies seit
Winckelmaon mit der Kunst des classischen Alterthums geschehenm -Die kunstgeschicht-
liche Literatur darf sich glücklich schätzen, dass diesem Wunsche - mindestens in Be-
zug auf die Architekturgeschichte der Renaissance in Italien - in so glänzender Weise
entsprochen wurde. Ohne 'ein Lehrbuch im eigentlichen Sinne zu sein, birgt dieses Werk
einen so reichen Schatz von Einsicht in den behandelten Gegenstand, wie unseres Wis-
sens kein anderes. Für die Geschichte der Malerei und der Plastik Ware Aehnlicbes noch
zu leisten, freilich von anderen Gesichtspunkten aus. - Die ueue Ausgabe ist um 6x Ab-
bildungen reicher als die erste; sie enthält nun 221. In den Text sind hie und da neue
Beobachtungsresultate oder neue, Lesefrüchte eingefügt; die Quellennachweise sind -mit
Recht in den Text hineingezogen worden, da sie nach der ganzen Anlage des Werkes,
die historische Entwicklung der Formen zu geben, da hinein gehören. Der prak-
tische Künstler sowohl wie der Historiker wird Burckhardfs i-Geschichte- als ein vor-
zügliches Orientirungs-Manuale nicht hoch genug schützen konnen.
Auch die neue (dritte) Auflage von Burclchardfs sCultur der Renaissance-l liegt
nun vollendet vor. Man wird L. Geiger dankbar sein, dass er mit so viel Selbstbeschei-
dung und Pietat die neue Ausgabe besorgte. Er folgt mit Treue dem Verfasser auch
auf die entlegensten Pfade der Quellenforschung, doch lässt er die ursprüngliche Dar-
stellung fast vbllig intact, so dass deren Eigenthümlichkeit keine Alteration erfährt.
Nach wie vor sind wir gefesselt durch die seltene Verbindung historischer Objectivitat
und starker persönlicher Antheilnahme, intimsten Hineinlebens in die Epoche und gei-
stiger Kraft über dieselbe hinauszuschauen. Auch hier hat man es wieder mit keinem
Lehrbuch zu thun und doch lernt man daraus mehr, als aus wir wissen nicht wie vielen
Geschichts-Cornpendien. Vielleicht liegt das Geheimoiss in der Congenialitat des Autors
mit den Besten der Zeit, als deren Geschichtschreiber er auftritt.
D. Pulgher: Les anciennes eglises byzantines de Constantinople. Avec
XXX pl. Vienne, Lehmann 8c Wentzel, 1878. Atlas in Fol., Text 8.
Der Werth dieser neuesten Publication über byzantinische Bauten beruht ent-
schieden auf denAbbildungen, und der Text ist nur eine unbedeutende Beigabe, die nicht
den Geschichtschreiber, noch weniger den Kunsthistoriker befriedigen kann. Der erstere
wird von der mangelhaften Auffassung des Bilderstreites unangenehm berührt werden,
der letztere aber an manchem Detail der Darstellung argen Anstoss nehmen. Ist es schon
auffallig, den altchristlichen Basilikenstyl, als wäre derselbe unter dem directen Einllusse
Constantiu d. Gr. erstanden, als die erste Periode der byzantinischen Baukunst zu be-
zeichnen, so ist es dagegen eine ganz falsche Behauptung, die Basiliken hatten immer
ihren Eingang auf der Westseite gehabt. Auch wird heute Niemand mehr, wie der Ver-
fasser annimmt, der Meinung sein, S. Vitale von Ravenna sei nach dem Vorbilde der
Sophienkirche in Constantinopel gebaut worden. Die Bedeutung von S. Sergius und
Bacchus für die gesamn-ite Entwicklung des Kuppelbaucs ist jedenfalls nicht gehörig
betont. Ueberhaupt scheint uns der Verfasser die Leistungen Salzenberg's und Texier's
für die Geschichte der byzantinischen Architektur nicht genügend zu würdigen, dagegen
die byzantinische Kunst im Ganzen zu überschätzen, als weine unerschöpfliche Quelle
Schoner Formen, die sogleich auf moderne Constructionen Anwendung finden können-l.
Schon in diesen Worten charakterisirt sich Herr Pulgher vorwiegend als Techniker, und
in dieser Hinsicht müssen wir seinen Planskizzen und der Wiedergabe architektonischer
Details, soweit dieses auf den vorliegenden vier Tafeln zu ersehen ist, unbeschränkte
Anerkennung zollen; ein Gleiches gilt den Herren Verlegern für die vornehme und auch
in den Farbendrucken treiTliche Ausstattung des Werkes. Die 30 Tafeln werden chrono-
logisch angeordnet sein, so dass der Atlas schon an und für sich die Entwicklungs-
geschichte der byzantinischen Buukunst lehren wird.
lournalrovue.
Schweizerisches Gewerbe-Blatt. Organ der Gewerbemuseen Zürich und Winterthur.
lll. 1878. Nr. 12-19.
Ueber Farbenharrnonie. (F orls.) - Hanhart, Die gewerbliche Verwerrhung der
Halbedelsteine der Schweiz. - Hanharl, Die historische Ausstellung für das Kunst-
gewerbe in Basel. -- Stadler, Ueber moderne bemalte Oefen. - Was und wie soll
in der Handwerkerschule gelehrt werden? - Zur Verständigung über die Lage des
Handwerks. - Mittheilun
gen aus den Gewerbemuseen Zürich und Winterthur. -
Kleinere Mittheilungen. (Mit art. Beilagen.)