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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 141)

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Wilhelm Krallk v. luyrswnldau i. 
Der am 9. Mai d. J. in Adolf verstorbene Glasfabrikant Wilhelm Kralik Ritter 
von Meyrswalden war eine von jenen Personlichkeiten, welche am meisten mit dazu 
beigetragen haben, dem böhmischen Glase einen Weltruf, zu verschaffen. Auf allen Welt- 
ausstellungen wurde der Name Wilhelm Kralik, des Chefs der Firma wMeyrs Neffe in 
Adolf-I, mit Auszeichnung genannt Er wurde 1807 in Kaltenbach im Pilsner Kreise in 
Böhmen geboren. ln bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, wurde es ihm durch die 
Unterstützung des Glasfabrikanten Meyr möglich, die Schulen in Winterberg und später 
in Wien zu besuchen. Nach seiner Rückkehr aus Wien trat er in die Fabrik des Herrn 
Meyr und vermählte sich spater mit der Nichte desselben. 
Meyr starb circa 1848 ohne directe Nachkommen und setzte seinen leiblichen 
Neffen Josef Taschek und Wilhelm Kralik zu seinen Erben ein, die auch die Fabriken 
auf immer hohere Stufen brachten. Namentlich war es Kralik, dessen Kenntnisse, That- 
kraft und Fleiss das gesammte Unternehmen forderte und insbesondere, als Taschek 
186: starb und das Geschäft an Kralik allein überging, arbeitete er mit doppelter Lust und 
Liege, den alten Ruf der Meyr'schen, x77: gegründeten Fabriken zu befestigen und zu 
me en. 
Er erfand selbstständig eine ganze Reihe neuer Glasfarben, entwickelte andere neue 
Erfindungen, wie neuester Zeit die des irisirenden Glases, zu jener Vollkommenheit, die 
ihnen erst Bedeutung gab, sicherte die technischen Verbesserungen auf seinem Gebiete 
mit namentlich in den letzteren Jahren, in denen er nicht so sehr seines Alters - er er- 
reichte nahezu das 70. Jahr - als seines sich immer mehr entwickelnden Herzleidens 
wegen oft nur mit Anstrengung den vielseitigen Anforderungen des sehr ausgedehnten Ge- 
schäftes nachkommen konnte. um so bewunderungswürdigerer Ausdauer und scheute dann 
selbst nicht vor umfassenderen Unternehmungen, wie dem Erbauen zweier ganz neuen 
Fabriken und einer Dampfschleife zurück, um den gesteigerten technischen Anforderungen 
gerecht werden zu konnen. Er hatte in den letzteren Jahren sieben Fabriken im Be- 
triebe, namlich: Adolf, Leonorenhain, Ernstbrunn, FranzensthalyKaltenbach, ldathal und 
Louisenhütte. 
Mehr als sonst Einer verstand er es, seine Arbeiter tüchtig zu schulen. ihren Ehr- 
geiz rege zu erhalten, ihnen Freude an der Losung heikler, ja schwieriger Aufgaben zu 
machen, und galt es, ein bisher noch ungelostes Problem in Angriff zu nehmen, so fand 
er keine Ruhe, kannte er keine höhere Befriedigung. als auch dieser Anforderung Genüge 
zu leisten. Oft meinte er: -Machen lasst sich Alles, nur muss man erst die Mittel und 
Wege dazu suchen, aber sie lassen sich schon finden, wenn man nur erst ernstlich will-i, 
und er wollte stets! Sein humanes Wesen gegenüber den Arbeitern machte es auch, dass 
sie ihm alle zugethan waren und er sicherer als Andere auf seine Leute zahlen konnte. 
Nur durch diese seine unermüdliche Hingabe an seinen Beruf von seiner frühen 
Jugend an bis zu seinem vorgerückten Alter war es möglich, dem Fabriksunternehmen 
nicht nur solche Vielseitigkeit zu geben, die es erzielte, sondern auch die Artikel, welche 
er ausfuhrte, in solcher Qualität zu liefern, wie sie von keiner anderen österreichischen 
Glasfabrik so gut, so gediegen, geschweige denn besser geliefert werden können. Den 
einstigen WVeltruf des böhmischen Glases wieder auf kunstindustriellem Gebiete zu er- 
neuern und zu mehren, dazu bedurfte es eben eines so strebsamen. umsichtigen Tech- 
nikers, eines so tüchtigen Fabrikanten, wie Kralik einer war. 
Vor 26 Jahren vermahlte er sich zum zweiten Male und zwar mit einer Schwester 
L. Lobmeyfs, jenes Mannes, der von Allen in erster Linie genannt wird, wenn von 
der Cvlasmdustrie als Kunstindustrie gesprochen wird und wer spricht heutigen Tages 
nicht von ihr? 
Die Leistungen der Fabrik wurden bei den Ausstellungen bis in die neueste Zeit 
stets mit den ersten Auszeichnungen anerkannt, Kralik auch Allerhochste Anerkennungen 
wiederholt zu Theil. Die letzte erhielt er wenige Tage vor seinem Tode, wo er in den 
österreichischen Ritterstand und zwar mit dem Prädicate 11V. Meyrswaltlenl erhoben 
wurde. Er erbat sich dieses, um damit auch seinem Dankgefühle gegen seinen Onkel 
Meyr Ausdruck zu geben, dem er zumeist seine Entwicklung, seine Stellung verdankte. 
Ob dieser Anerkennung strebte er mit gesteigerter Lust und Freude, die Arbeiten für die 
nachstjahrige Ausstellung in Paris bestens zu bewältigen, als ihn inmitten voller Thitig- 
keit ein plötzliches Unwohlsein überfiel; wenige Minuten des Kampfes und das Izben 
war entflohen! Ein Leben voll des besten Schaffens war so plötzlich abgeschlossen! 
Seine vier Söhne erster Ehe, welche nun berufen sind, das Geschäft gemeinsam 
fortzuführen, können gewisss das Andenken ihres Vaters, dieses hochverdienten Mannes, 
nicht höher in Ehren halten, als wenn sie das Fabriksunternehtnen in gleichem Geiste 
fortführen, die Entwicklung desselben noch zu steigern suchen. (W. A. P.)
	        
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