MAK

Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 8 und 9)

probe verrät gleich das 
Beste des Bestandes. Und 
Überraschungen und Stei- 
gerungen gibt es in dieser 
rückschauenden Revue 
nicht. Eine Ergänzung zu 
der durch die Fülle der 
Gesichte sehr viel anre- 
genderen, neulebendig wir- 
kenden jahrhundertaus- 
stellung bietet sie, die 
der Chronist mit histo- 
risch-sachlichern Interesse 
durchwandelt, ohne im 
Gefühl tiefer ergriffen zu 
werden. Die Eindrücke 
werden dadurch etwas 
nuancierter, daß ein freies 
unsystematisches Hängen 
gewaltet hat. Auf Schul- 
und Richtungsgruppieren 
ward verzichtet und die 
malerisch wirkende Bild- 
Ausstellung der Wiener Kunstgewerbeschule. Kissen, gelbe Seide, Silber- wand alsHauptmaßstab für 
schnüre und Flachstickerei, von Leopoldine Kolbe (Moser-Schule) dle Anordnung genommen 
So ergibt sich das vielsei- 
tige Schauspiel mannigfacher Temperamente. Die venezianischen Schaustücke und Aus- 
stellungsdekorationen vom alten Becker in ihrer kalten Pracht trifft man hier so gut wie 
frühe Bilder Max Liebermanns. Seine Schweinefütterung hängt sogar neben der auf so 
ganz anderes Wild pürschenden Falkenjägerin Makarts, einer etwas verblaßten Kostüm- 
figurine aus verschollenen Künstlerfesten. Und als dritter im Bunde gesellt sich nachbarlich 
dazu ein Andreas Achenbach: der Weidenbach. 
Dies friedliche Beieinander, dies im Zeitenschoß Ruhende, Historisch-Gewordene 
menschlicher Arbeit um die Kunst, die jedem ein anderes Gesicht zeigt, hat einen gewissen 
Reiz. Und nachdenklich stimmt es dazu, wenn man bei manchem gefeiertenLiebling der Ver- 
gangenheit das „Gesetz der Umwandlung", um ein lbsen-Wort zu gebrauchen, spüren muß. 
Der Farbenrausch Makarts zumBeispiel istmatt geworden; etwas Traurig-Erloschenes, gleich 
fahlerDämmerung nach einenBacchanal,haben die einst so bewundertenPhantasien. Kulturell, 
als Reflex einer glänzenden Epoche, behalten sie natürlich dokumentarischen Wert. Dafür 
ist von den hier ausgestellten Bildern Makarts besonders charakteristisch i weil es im 
Stoff der Darstellung und in der Persönlichkeit Geschmack und Neigung der Zeit aus- 
spricht - das Porträt Charlotte Wolters als Messalina in Wilbrandts Stück, in seiner 
Komposition aus Bühnenoptik, Frauenkörper, Rosen, Fellen und Seide. 
Von Werken der lebenden Künstler, die ganz andere Wege gehen, ist hier außerjenem 
Liebermann-Bild das große Gemälde des Präsidenten des Künstlerbundes, also des ent- 
gegengesetzten Heerlagers, zu nennen, des Grafen Kalckreuth „Dachauer Leichenzug". Ein 
bäuerliches Begängnis irn Regen, eine bunte Schirmprozession hinter dem von schweren 
Ackergäulen gezogenen Karren mit dem Sarg, ein stark und echt aufgefaßtes Stück 
Alltagstragik. 
Vertreten sind natürlich hier auch die Führenden der jahrhundertausstellung, meist 
mit Bildern aus Privatbesitz, die nicht allgemein zugänglich sind und die so in der Tat eine 
willkommene Ergänzung bilden. 

	        
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