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Ausstellung der Wiener Kunstgewerbeschule. Silberne Giirtelsclinalle mit Email, entworfen und ausgeführt von
Hans Ofner (Stark-Schule)
mal nicht erreicht wird. Das Kunstgewerbe macht sich, wohl weil Dresden stark absor-
bierend gewirkt hat, sehr bescheiden. Ein Interieur in hellgelber schwedischer Birke mit
der Hammigen Maserung, die jetzt Favorit ist, vertritt die angewandte Kunst und ein paar
Vitrinen enthalten Ketten und Schmuck, die Moraweschen Stilfächer mit geschnitzten und
durchbrochenen ElfenbeingriiTen. Battiks des Ehepaars Fleischer-Wiemann hängen an der
Wand.
Doch all das sind alte Bekannte, Revenants, die leider noch nicht die Ruhe und
die Erlösung von denAusstellungsfahrten durch einen Käufer gefunden.
Von diesem großen Jahrmarkt kann man sich in einer fabelhaft distinguierten und
kultivierten Ausstellung erholen, die bei Amsler und Ruthard jetzt stattfindet. Sie bringt
eine Kollektion der Londoner „Twelve". Sie bilden eine Sezession der vor 25 Jahren be-
gründeten Vereinigung englischer Maler-Radierer. In dieser Gruppe brachen Zwistigkeiten
aus, als l-Ierkomer seine Monotypien herausbrachte, die nicht den technischen
Forderungen des Bundes entsprachen; als dann die Grenzen durch Zulassung von Repro-
duktionen noch mehr erweitert wurden, schloß sich eine Opposition zusammen, die jene
ursprüngliche Bedingung der Originalgraphik für allein bedingend erklärte und sich als
Klub der „Twelve" auf dieser Basis vereinigte.
Besonders interessiert der in Deutschland wenig bekannte Charles Conder, der bei
der Fächerausstellung schon durch die luxuriöse Phantasie festlicher Entwürfe aufliel. Auch
hier spielen auf den Lithographien von warmem Rötelton die Szenerien der Fetes galantes,
exotische Atmosphäre in einer Mischung von Rokoko - Conder liebt die Poesie des Reif-
rocks - Exotik und spanischen Schleierrhythmen. Rafiinements der artificiellen Beleuch-
tung liebt er, Bühnenoptik, Logendunkel, im Licht aufschimmernd, das Lumineuse der
Lampignonnächte und die Seide.
Wollte man seine Familie bestimmen, so müßte man aus der Vergangenheit den
üppigen Monticelli nennen, auch Beardsley-Rasse, farbig illuminiert, wird hier deutlich, und
Hennen Angladas koloristische Opiate sind ihm verwandt.
Gordon Craig begegnet man mit Porträts in Holzschnitt von kapriziöser Flächenkunst
und einem pikanten Archaismus. Frauen im Reifrock werden gegen pyramidisch gestützte
Bäume auf die witzige Parallelwirkung hingestellt und mit besonderer Liebe wird wie auf
alten Blättern der Schriftsatz, meist in Kursiv, unter dem Bilde behandelt.
William Strang, der Führer der Zwölf, kommt mit Totentanzphantasien über das
Goyathema der Kriegsgreuel.
Charles Ricketts zeigt subtil gestrichelte Blättchen, Schwarz-weiß-Miniaturen
biblischer Geschichten.
Cameron entzückt durch die erlebnisvollen Architekturradierungen und mehr noch
durch die sensiblen Landschaften, die Loire-Stimmungen mit den zittrigen Filigranbäumen
in schimmernden graugrünen Dämmerungen.
Sturge Moores Phantasien, Rothensteins mondäne Porträts sind noch zu nennen und
schließlich Nicholson, der wohlbekannte Flächenkünstler.