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Volltext: Monatszeitschrift XVII (1914 / Heft 11 und 12)

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salzburgische l-Iofmark war. Wie die Büste in die Kapelle an der Straße in 
der Nähe des Ebnerhofes kam, darüber sind nur Vermutungen zulässig. Ist 
der dargestellte Notar oder Assessor der Stifter dieser Wegkapelle gewesen? 
Sie kann auch aus der im Walde nahegelegenen Filialkirche zu „St. Ulrich 
in der Urtel" stammen! Die Büste des Stifters wäre dann durch mehrere 
jahrhunderte vom Volke irrtümlich als Ebenbild jenes Heiligen verehrt 
worden, dem zu Ehren er die gottgefällige Stiftung machte. 
 
DIE KANZEL DES DOMES VON GRADOSP 
VON LEO PLANISCIG-WIENSIP 
IE merkwürdige, in ihrer eigenartigen Form vielleicht 
einzig dastehende Kanzel des Gradenser Domes 
(Abb. I und 2) ist bis auf den heutigen Tag eines 
der vielen kunsthistorischen Rätsel geblieben, bei 
denen die Datierung um mehrere Jahrhunderte 
schwankt. Bald wird sie als ein Werk der 
„römischen Verfallskunst" betrachtet und ins 
VI. Jahrhundert versetzt; bald glaubt man in den 
Reliefs, die sie schmücken, Charakteristika der 
sogenannten Völkerwanderungskunst zu erblicken, 
und das IX. Jahrhundert wird für ihre Datierung 
vorgeschlagen; schließlich gibt es zumeist ältere Autoren, die sie als im 
XII. Jahrhundert entstanden betrachten. Abgesehen von diesen Meinungs- 
verschiedenheiten, ist es wichtig festzustellen, daß die meisten neueren 
Kunsthistoriker, die sich mit der mittelalterlichen Skulptur Oberitaliens 
beschäftigten und andere Werke in Grado kennen und erwähnen, unsere 
Kanzel ganz außer acht lassen. Weder Cattaneoi noch Rivoirai" sprechen 
von diesem Denkmal. Auch Zimmermanni" und Gabelentzi- gehen still- 
schweigend vorbei, obwohl die Kanzel dem Gebiete ihrer Forschungen 
entsprechen müßte und in der von ihnen benutzten Literatur des öfteren 
Erwähnung findet. Schließlich weiß auch VenturiJ-T dem sicher nicht die 
nötige Materialkenntnis mangelt, von unserer Kanzel kein Wort zu erzählen. 
Dieses Verschweigen eines durch seine charakteristischen Eigenschaften 
stark ins Auge springenden Denkmales scheint mir sicher nicht auf der 
Unkenntnis des Monumentes an sich zu beruhen, vielmehr auf dem Unver- 
mögen, es in den richtigen Platz der Entwicklung einzureihen, mit andern 
Worten in der Schwierigkeit, es ohne ein passendes Vergleichsmaterial zu 
datieren. Denn, wie anfangs erwähnt wurde, ist über die Kanzel in der 
"' R. Cattaneo, L'Architettura in Italia dal Secolo VI al Mille circa. Venedig 1888. 
4' G. T. Rivoira, Le Origini deIPAi-chitettura lombarda, Mailand 1908. 
t" M. G. Zimmermann, Ober-italienische Plastik im frühen und hohen Mittelalter. Leipzig x8g7. 
1- H. von der Gabelentz, Mittelalterliche Plastik in Venedig. Leipzig 1903. 
H- A. Venturi, Storia dell'Arte italiana. Bd. I-IV. Mailand xgoß.
	        
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