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Full text: Monatszeitschrift XVII (1914 / Heft 11 und 12)

Thron, worauf je drei weibliche Orantenfiguren mit bedeckten Köpfen und 
erhobenen Händen im Relief dargestellt sind. Hinter den Brüstungen erheben 
sich rechts die Madonna in gleicher Stellung wie die Oranten, links der 
heilige Johannes Baptista, an seinem Tierfellmantel erkenntlich. Diese 
Skulpturen sind roh und primitiv: eine zurückgebliebene Kunst, welche zwar 
die Kenntnis frühgotischer Darstellungsmotive voraussetzt, in der Aus- 
führung aber äußerst provinziell sich erweist. Während zu gleicher Zeit in 
Venedig und im Veneto, durch eine einheimische Umarbeitung und Um- 
wertung byzantinischer Überlieferungen, eine Skulptur geschaffen worden 
war, die bereits den Keim für die Rezeption der neuen toskanischen 
Errungenschaften in sich schloß, treffen wir in dem am Fuße der Alpen 
gelegenen Gemona Skulpturen, die insofern noch zur venezianischen Gruppe 
zu rechnen sind, als sie mit jenen Werken des Dugento, die mitten in einer 
byzantinisierenden Kunst an den Portalbogen von San Marco entstanden, 
eine gemeinsame Quelle verraten. Es ist die Kunst von Verona, Ferrara und 
der Emilia, die Kunst der Meister Nikolaus und Wilhelm, sowie jene 
Benedetto Antelamis, die hier einen letzten Abklatsch zur Zeit Giottos und 
Giovanni Pisanos hinterläßt. 
Dasselbe gilt für Venzone." Kurz nach dem Dom von Gemona wurde 
hier, 1308, die Kirche Sant'Andrea errichtet. Eine Inschrift, die auf einer 
Patere oberhalb des linken Seitenportals angebracht ist, lautet folgender- 
maßen: 
MAG. IOHANNES FECIT HOC OPVS ANNO MCCCVIII. 
Eine andere Inschrift an der Hauptfassade bringt den Namen eines 
weiteren „tagliapietra", der hier beschäftigt gewesen sein wird: 
SCACO ME FECIT. 
r 338 wurde die Kirche vorn Patriarchen Berntrand feierlich eingeweiht. 
Wenige Jahre nach Gemona arbeitet also höchstwahrscheinlich der- 
selbe Magister Johannes an der Kirche von Venzone. Der Stil der Skulpturen, 
die wir im folgenden betrachten wollen, läßt kaum an der Identität des 
Bildhauers oder der Werkstatt zweifeln. 
Auch in Venzone kommen für uns die Skulpturen der Portale in Betracht. 
A. LINKES SEITENPORTAL (Abb. 6). An Skulpturen das reichste. 
Die Ausstattung der Leibung mit Wülsten ist der Kunst des XII. und 
XIII. Jahrhunderts, der Lombardei und der Emilia entnommen. Das Motiv 
erhält sich in den venezianischen Ländern noch im XIV. Jahrhundert, wofür 
das Portal von San Lorenzo in Vicenza aus den vierzigerJahren des Trecento 
erwähnt sein mag. Über dem äußeren, mit einer Ranke und mit dem doppelten 
Zahnschnitt verzierten Bogen die Patere mit der schon angeführten Künstler- 
inschrift. Auf dem Tympanonrelief Christus thronend in der Mandorla von 
einem Sternhimmel umgeben und die vier Evangelistensymbole. 
B. RECI-ITES SEITENPORTAL (Abb. 7). Auch hier dasselbe, wenn 
auch nicht so reich ausgestattete Architekturmotiv. Auf dem Tympanon- 
' Siehe Anmerkung ' auf Seite 508.
	        
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