mohammedanischen Ursprungs, so wie deren bichrome Omamentierung, die
geometrischen und die Rankenmuster auf den Orient hinweisen. Eine Tat-
sache, die uns nicht wundern kann, zumal, wenn wir bedenken, wie stark
noch die venezianische Kunst am Ende des Dugento unter byzantinischem
Einfluß stand, einem Einfiuß, der langsam erst im Laufe des XIV. Jahr-
hunderts überwunden wurde, der aber in Hinsicht auf die Architektur durch
die ganze Gotik bis in die Renaissancezeit Venedigs hinauf, nie gänzlich
verschwand und vielleicht noch zum letztenmal in den buntfarbigen In-
krustationsarbeiten der Lombardi-Fassaden einen Ausklang fand. Denken
wir uns aber die sechs Bogen unserer Kanzel in eine Fläche aufgerollt, so
werden wir das für den venezianischen Palazzo der Gotik so häufig wieder-
kehrende Motiv des otTenen Balkons bekommen, wofür das Anführen von
Beispielen wohl überflüssig ist.
Vor der zweiten Hälfte des Dugento finden wir aber diese Art von
Bogen in Venedig nicht. Bauten aus der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts,
wie etwa das untere und erste Geschoß des Palazzo Loredan am Canal
Grande, zeigen den dem byzantinischen Palastbau entnommenen erhöhten
Rundbogen. Es ist wohl andererseits unsinnig, unseren Bogen, wie es
Jackson tat, ins XV. Jahrhundert zu datieren: wir brauchen nur an die
Ca d'oro zu erinnern, um sofort zu erkennen, welche venezianisch-ein-
heimische Umwertung die Gotik hindurch die ursprüngliche Bogenform hier
erfahren hat.
Es wäre somit stilistisch festgestellt, daß sowohl die Reliefs der
Brüstung wie auch die Kuppelbekrönung unserer Kanzel zu derselben Zeit
entstanden sein können, somit die seit Eitelberger allgemein angenommene
Ansicht zweier voneinander weit entfernten Kunstperioden als hinfällig
bewiesen.
Alles Weitere ergibt sich von selbst. Die Säulen, welche die Kuppel
tragen, sind schon im Sechspaß gedacht. Die Form der Kapitelle entspricht
der veralteten Stilsprache der Brüstungen. Man vergleiche die dreifach
gegliederten Abaci mit der ähnlich gegliederten Umrahmung der einzelnen
Brüstungsplatten. Ähnliche Kapitelle kommen übrigens auch an den Seiten
des Türbogens von Gemona vor, obwohl ihr Ursprung älter ist, wie wir es
an den Stützen des Ambo im Dorn von Torcello sehen können.
Es erübrigen uns nur noch die sechs Säulen, auf welchen der Kanzel-
körper selbst ruht. Meiner Ansicht nach sind diese (wovon zwei spiralförmig
gedreht) spätantike oder frühchristliche Spolien, die beim Bau der Kanzel
verwendet wurden, etwas nicht Seltenes in Venedig (San Marco), Aquileja
und Grado selbst. Man betrachte die später hinzugefügten Basen. Diese
allein, in ihrer ausgesprochenen gotischen Form, könnten den Ursprung
unserer Kanzel wenn auch nicht direkt erklären, so wenigstens nicht zu dem
Schlusse verleiten, sie sei spätantik, aus der Völkerwanderungszeit oder aus
der Mitte des XII. Jahrhunderts. Die Kapitelle dieser Säulen erinnern sehr
stark an jene zweier anderer Säulen, die den Baldachin des Patriarchenstuhles