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gelegt und zusammengelötet. Dabei
mußte man, damit der so entstandene
Reif dem Gefäße sich genau anpasse,
einen Teil des Streifens beschneiden,
auch wenn dies auf Kosten der Voll-
ständigkeit einer der Reliefdarstellun-
gen geschah.
Eine historisch-kritische Darstel-
lung der künstlerischen Tätigkeit der
deutschen Zinngießer in der Re-
naissance rnuß, wenn das gesamte
Abb. 5. jakobs Traum, Holzschnitt von H. S. Beham Material einmal vorliegt: Haupt"
augenmerk darauf richten, festzu-
stellen, was diejenigen Werkstätten, welche künstlerisch verzierte, mit Relief-
auflagen versehene Arbeiten lieferten, i ihre Zahl wird, im Gegensatz zu
den rein handwerksmäßige Waren produzierenden zahlreichen Zinngieße-
reien, welche glatte Kannen, Krüge, Teller, Schüsseln, Leuchter und so
weiter lieferten, wahrscheinlich nichtsehr groß gewesen sein - für ein
Inventar an Plaketten und andern Gußmodellen besaßen, weil sich auf Grund
dieses Werkstattinventars unbezeichnete Arbeiten genau lokalisieren lassen,
so wie dies auf Grund der vier signierten Arbeiten des Joachimstaler Meisters
Hans Wildt bei den andern oben angeführten Werken desselben der Fall
war, die weder ein Stadt- noch ein Meisterzeichen tragen.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN 50' VON
HARTWIG FISCHEL-WIENSß
RUDOLF VON WEYR. Mit dem Tode Rudolf von Weyrs schied eine populäre
Erscheinung aus dem Wiener Kunstleben, welche für dasselbe lange Zeit als eine
typische gelten konnte und als solche für einen Teil der Wiener Künstlerschaft führend
Abb. 6. Jonas wird dem Walfisch vorgeworfen, Holz-
schnitt von H. S. Beharn
wurde. Eine sonnige Persönlichkeit, voll
Weltfreude und lebhafter Teilnahme an allen
äußeren Ereignissen des großen städtischen
Lebens, war er eine Anziehungskraft inner-
halb der Wiener Künstlergenossenschaft, die
ja stets den Kontakt mit einem großen Teil
der Wiener Gesellschaft zu pflegen verstand.
Als Künstler hat er der sonnigen Seite
seines liebenswürdigen Wesens oft Ausdruck
gegeben. Der lebhaft bewegte Bacchusfries
an der Attika des Wiener Burgtheaters kenn-
zeichnet die produktivste frühere Arbeits-
periode, in der er vielbesehäftigter Mitarbei-
ter an einigen der Monurnentalbauten der
ersten Stadterweiterung wurde. l-Iasenauer
hat ihn oft herangezogen und in ihm einen