schildert, wie die chinesischen den europäischen Figuren weichen müssen, und nennt diese
Art der Dekoration die vornehmste und künstlerisch höchststehende Gattung der vor-
kaiserlichen Zeit. Daran schließt er die Besprechung der damals in Wien häufig aus-
geführten Malerei in Schwarzlot, Eisenrot und Bisterton.
Als Du Paquier, der Gründer der Wiener Fabrik, diese 1744 an den Staat verkaufte,
waren die schweren Lehrjahre beendet; mit der „Kaiserzeit" begann die eigentliche
Ruhmesperiode. Diese wurde zunächst durch allerhand technische Verbesserungen vor-
bereitet. Nunmehr bekannte man sich auch in Wien zu den Rokokoformen, denen gegen!
über man sich verhältnismäßig lange spröde verhalten hatte.
Folnesics unterscheidet hierbei ein nur spärlich auftretendes, wahrscheinlich auf den
Bildhauer Ludwig Lück zurückzuführendes, zierliches und ein in zahlreicheren Beispielen
vorkommendes derberes Rokoko. Plastisches oder gemaltes Schnörkelornament wurde jetzt
viel verwandt, auch der von Kändler eingeführte Korbtlechtrand kommt gelegentlich vor.
Die Blumenmalerei, deren naturalistische Behandlung weiter vorschreitet, eroberte sich
ein immer größeres Feld. Verhältnismäßig früh, jedenfalls schon Mitte der sechziger Jahre,
machte sich bei dem Wiener Porzellan die antikisierende Richtung geltend.
Feinsinnig, wie meistens bei den allgemeinen kulturgeschichtlichen Betrachtungen,
weiß Folnesics den Umschwung zu schildern, den die Fabrik anfangs der siebziger Jahre
erfuhr. Der mächtige Einfluß der ältesten und bedeutendsten Porzellanfabrik, der von
Meißen, war im Verlaufe des Siebenjährigen Krieges stark ins Wanken gekommen. An
ihrer Stelle wurde nunmehr Sevres tonangebend. Daß sich diese Änderung in Wien rascher
und gründlicher als anderswo vollzog, lag wohl vor allern mit darin begründet, daß der
österreichische mit dem französischen Hof durch die 1770 erfolgte Vermählung der Maria
Antoinette mit dem Kronprinzen von Frankreich aufs engste verbunden worden war.
„Kokette Grazie, feminines Kunstemptinden, überfeinerte Sensibilität und süßliche Senti-
mentalität" - so drückt sich Folnesics hierüber aus - „veränderten auch in der Porzellan-
fabrik den bisher üblichen künstlerischen Charakter ihrer Erzeugnisse."
Damit war der Boden gewonnen für Wiens ruhrnvollste Zeit, das ist die Periode
Sorgenthal, in der von 1785 bis 1805 die schönsten Stücke geschaffen wurden. Jetzt hatte
man vor allem die künstlerischen Aufgaben in den Vordergrund gerückt. Die Formen
zeigten klare Absicht und sicheres Stilemphnden, die Malerei bei höchster technischer
Vollendung, treffliche Zeichnung und einen staunenswerten Phantasiereichtum. Die rein
dekorativ gehaltenen „Dessins", die vor allem das Akanthusblatt und die Palmette variieren,
und die zumeist Reliefgold auf „Leithnerblau" oder verschiedenfarbigem Lüstergrund zeigen,
sind originell und künstlerisch reizvoll behandelt. Aber auch die Malereien von Figuren,
Landschaften und Blumen standen während dieser Zeit in Wien auf voller Höhe. Allerdings
nicht lange, bald schwindet der Glanz wieder. Nach 1825 ist fast nur noch ein jetzt stark
naturalistisch behandelter Blumenschmuck übrig geblieben. Dann kommt der Biederrneier-
stil mit seiner Vereinfachung sowie dem Tasten und Suchen nach neuen Formen und
Dekorationsarten und in der romantischen Periode ein Anlehnen an gotische, dann an
Rokokoformen. Man strebte auch jetzt nach „Vereinfachung auf der ganzen Linie und
derber, klarer, nüchterner Gesamtwirkung". „Wir sehen unsere Großväter auf der Suche
nach einem Gegenwartsstil, aber die Ungunst der Zeit lähmt Ausdauer und Kraft. Ein
Versinken in traurigste Kunstlosigkeit war das Ende." 1864 erfolgte die Auflösung der Fabrik.
Wie Folnesics in seinem ersten Abschnitte die Geschichte der Fabrik in bezug auf
„die Gefäße und Geräte" behandelt, so tut er das in seinem zweiten in bezug auf die
„Figurenplastik". Er schildert uns hier, wie diese in der ersten Zeit vernachlässigt worden
ist und erst mit Niedermayers Eintritt in Wien (1747) Bedeutung gewinnt.
Auch hier war zunächst Meißen vorbildlich. Wien kopierte verschiedene Gruppen
und Serien, wie die Callot-Figuren, das Affenkonzert, die Bergleute mit mehr oder weniger
Veränderungen oder hielt sich wenigstens an die gleichen Ideenkreise, denen Meißen
damals seine sich so großer Beliebtheit erfreuenden Motive entnahm.