Kaendler hat dabei, um für das Reliefbildnis Platz zu gewinnen, wohl
etwas gewaltsam am untern Teile des Obelisken ein Stück herausgeschnitten.
Ein wenig ungeschickt trägt der äußerst kräftig und lebensvoll gebildete
Adler den polnischen Orden vorn weißen Adler um die Schultern. Der Sockel
ist vielleicht-ein wenig zu reich ausgestattet; auch ist nicht recht erfindlich,
was dort, wo doch eigentlich das Land Sachsen verkörpert sein sollte, Löwe
und Schlangen bedeuten sollen.
Von diesen Schwächen, die wohl zum großen Teil auf Kosten des
Bestellers zu setzen sind, abgesehen, zeigt sich in dem Werk überall die
sichere Hand des langbewährten Porzellanplastikers. Anmutig und doch
zugleich schwungvoll in der Bewegung ist die Gestalt der das flammende
Herz dem König entgegenbringenden Liebe, vortrefflich in Auffassung und
Durchführung der auf die Wandung des Altars die Erklärung des ganzen
Denkmals (Sacrum Augusto) schreibende kleine Genius, denn dieser und nicht
die Liebe, wie Kaendler angibt, ist es, der schreibt. Als besonders gelungen
möchte ich weiter die Gestalt des Adlers und das Reliefbildnis hervorheben.
Sicher wird auch der nunmehr als ein Werk Kaendlers erkannte Hen-
nickesche Tafelaufsatz das Seine mit dazu beitragen, die Meinung von der
hohen Bedeutung und Vielseitigkeit dieses großen Künstlers noch weiter
zu befestigen, den Ruhm der Meißner Porzellanmanufaktur aufs neue zu
bekräftigen.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN S0- VON
HARTWIG FISCHEL-WIENSIP
ER WETTBEWERB FÜR KRIEGERDENKMALE. Der vom k. k.
Unterrichtsministerium ausgeschriebene große Wettbewerb für Kriegerdenkmale
erscheint in erster Linie als Ideenwettbewerb. Bestimmte Ausführungsmöglichkeiten liegen
noch nicht vor - sollen aber durch die Entwürfe geweckt werden. Das weitgespannte
Programm bot Malern, Bildhauern und Architekten Raum. Örtliche Bedingungen schufen
keine Fessel - sie wurden in mehreren Fällen von den Bewerbern selbst gewählt. Aus-
führungskosten sind nicht vorgeschrieben worden - die Entwürfe bewegen sich darum
zwischen weiten Grenzen. Schon der Umstand, daß zirka 230 Künstler über 265 Werke
einsandten, zeigt das Streben, den Denkmalgedanken von vielen verschiedenen Seiten aus
zu behandeln.
Daß die Malerei darin am unschlüssigsten war, ist durch den Stillstand der Monumen-
talmalerei erklärt. Am zahlreichsten sind naturgemäß die plastischen Entwürfe, denen die
Freiheit, von der Einzeliigur bis zum Monumentalwerk Ausdrucksformen wählen zu können,
besonders günstig entgegenkam. Aber auch die Baukunst ist nicht zurückgeblieben. Sie hat
den Denkmalbegriff am weitesten ausgedehnt - zur größten Bedeutung gehoben.
Als großgedachter Entwurf auf dem Gebiete monumentaler Malerei tritt Professor
Jettmars Fries hervor, der für die Ausgestaltung der Augustinerkirche geplant ist. Sonst
haben sich die Maler zumeist an die Baukunst angeschlossen. Auch die Bildhauer wählten
diesen Weg, wo sie über die Figur hinaus zu einem bedeutenden Aufbau strebten.
Die Weihestätte für gefallene Helden, welche Professor Josef Müllner als Ringmal
löste, zeigt die Verbindung liguraler Plastik mit einem uralten Baugedanken in glücklicher