vorantragt, das kaiserliche Würdezeichen, sowie
den anderen, das Schwert der Tapferkeit", der
Fortitudo, in Händen, neben einem lauernden und
einem schlafenden oder erlegten Löwen sitzend.
Dem folgen genau gegenüber der Eingangstüre
die Gruppe von Fides und Mausuetudo, Moses
und Aristoteles, Abb. 8, kenntlich gemacht durch
Beischriften mit Textstellen aus dem Alten Testa-
ment. Fides, der Glaube, hält die Gesetzestafein,
Mausuetudo ist mit der Sonne der Tugend an ihrer
Brust" und dem Lictorenbündei in der Linken dar-
gestellt. Sie vereinigt Zucht, Weisheit und Gerech-
tigkeit in sich.
in der auf der Schriftroile zu seiten der Fides ange-
gebenen Textstelle Ecciesiasticus 1, 35 ist ietzt-
iich die volle Erklärung der Szene gegeben: "Denn
die Furcht des Herrn ist Weisheit und Zucht, und
was ihm wohlgefällig ist, ist Treue und Sanftmut,
einen solchen überhäuft er mit Schätzen." Neben
Moses, der mit dem Schiangenstab Wunder im
Glauben an den einen Gott zu wirken vermochte,
und Aristoteles, dessen Werk aus zwei Teilen, ei-
nem über die Natur und einem über die Übernatur,
besteht, ist zu lesen: wOPEFiA EORUM IN MANUM
DElri, Ecciesiastes 9, 1: nEs gibt Gerechte und
Weise und ihre Werke sind in der Hand Gottes..."
Die nächste Gruppe, genau gegenüber jener von
weiblichen Figuren, die die Vereinigung von weltli-
cher und geistlicher Macht darstellen, zeigt die
Vereinigung der Praedictio boni, der Vorhersage
des Guten," mit der Providentia divlna, der göttli-
chen Vorhersehung" (Abb. 9).
in dem aufgeschiagenen Buch zu ihren Füßen ist
eine Stelle aus den Proverbia, den Sprüchen Salo-
mons, zu lesen (14123): "IN OMNI BONO OPERE
ERIT ABUNDANTIA" - "Durch jede gute Arbeit
entsteht Überfiußmß Dem Wortlaut folgend, weist
die Providentia divina mit ihrem vorn Auge Gottes
bekrönten Szepter hin zur Darstellung der wGratia
di dioit, der Gnade Gottes, Abb. 10, iiuna beliissi-
ma e gratiosa giovanetta, ignuda terra un
corno di dovitia, che gli coprira davanti et con
esso verserä diverse cose per i'uso humano si
Ecclesiasticho, come ance d'aitra sorte et nel Cle-
io sia un raggio il qual risplenda fino a terram"
Aus dem Füllhorn der Gnade des Herren also er-
gießen sich die reichen Schätze, zu denen die
göttliche Vorsehung den Weg weist.
Die letzte Figurengruppe schließlich, sie befindet
sich direkt über dem Eingang in die Sakristei,
stellt die Gnade Gottesii, Abb. 11, der Putten die
Stiftskirche zu Aitenburg reichen, dem lntellectus,
dem Verstand", gegenüber. Dazwischen steht der
heilige Paulus mit einer Tafel, auf der geschrieben
9
1h
9 Praedictio boni und Providentiadivina. Detail aus dem
Sakrlsteiblld, Vgl. Abb. i
10 wGratia di Diou. Detail aus dem Sakristeibild, vgl.
Abb. i
11 Gratia divlna und lntellectus als Fundament der Eccie-
sia. Detail aus dem Sakristeibild, vgl. Abb. l
Anmerkungen 9 - 17
' Ripa, Padova tS11,nF0l18ZZicr, p. 179,
sowie Forza alle Giustitia mit den Attributen Löwe A Schwert -
Krone in der niederländischen Ausgabe der iconologia Cesare
Ripas.
w Ripa, Padova 1511, .vinu., p. 541.
" Vgl. Ripa, Augsburger Ausgabe durch Henel, 5.6.0., Fars 1,
Tal. 162.
" Ebenda, Pars 2, Taf. 162.
" Der volle Wortlaut des Spruches ist: -Durch jede gute Arbeit ent-
steht Uberiluß. WD aber viel GeSChllVätZ ist, da lSt insgemein
Mangel...
" Fiipa, Fadova 1611, E.8.Q., p. 211 f.
ß Ripa,Pai:lova161l, P. 211,
sowie Ripe, Augsburger Ausgabe durch Hertei, a.a.O., Pars 1,
Tal. 100.
Vgl. auch Jacobus Masenius, Speculum imaginum verltails oc-
cultae, Köln 1581, p. 424, N0. E, Gratia: u... llorem Anemcnem
lingitur Gratis."
" Ripa, Pedova 1511, p. 257i, gibt eine Beschreibung, die mit dem
Stich in derAugsburgerAusgabe durch Heriei, Pare 2, p. 182, nur
in den Grundzügen übereinstimmt und auch in dem Aitenburger
Bild wenig Entsprechung iindet. Hingegen kann die Aitenburger
Darstellung und der Stich des Trios Eiehler- Wacnsrnuth - Her-
tei wesentliche Ubereinstimmung aufweisen. interessant ist das
Mißverstehen der Flammen, die aus dem Haupte des intellectus
schlagen, die zu einem einseitigen großen Uhr umgeblldet wer-
den. Gerade dieses Beispiel erweist besonders deutlich, daß
dem in Aitenburg tätigen Künstler eine Ftipa-Ausgabe vcrgeie
gen haben muß, die vor die Herteische zu datieren ist, für diBSB
aber von maßgebiichem ElntiuB war.
" Ripa, Padova 1611, D. 211.
steht: llsl QUIS AUTEM TEMPLUM DEI ViOL
RIT DlSPEFiET ILUD DEUSU (Korinther 3,
"Wenn jemand den Tempel Gottes versehrt,
ihn Gott verderben, denn der Tempel Gotte
heilig." Der lntellectus, der Verstand, in einer
che lesend, eine Apoilofigur in der Rechter
Sphinx zu Füßen, und die Gnade Gottes, ein
Blumen bekränzte schöne Frau, das Haupt
Himmel erhoben, wo die Taube des Heiligen
stes erscheint," bilden gleichsam das Fi
ment, auf dem die Kirche stehen soll.
Die zu Anfang der Beschreibung genannter
ben Strahlen des Heiligen Geistes sind so g:
tet, daß sie die Bedeutung der Figurengru
theologisch weiter überhöhen und zu Sinnbi
der sieben Gaben des Heiligen Geistes w:
lassen. Der heilige Paulus aus der Gratia diVii
inteiiectusgruppe - empfängt die Gabe deri
heit. Ein Strahl fallt zwischen die aiiegorisci
gur des inteiiectus und die des Vertreters Q4
cher Macht, es ist die Gabe des Verstandes
dritter Strahl ist auf den Repräsentanten irdi:
Macht gerichtet, der die Stärke vertritt. Deri
Strahl steht über Fides und Mausuetudo, die
Ecci. 1, 35 die Furcht des Herrn darstellen,
renddam Moses und Aristoteles die fünfte (
die Wissenschaft, vertreten. Die Vorhersage
Guten und die göttliche Vorhersehung sind a
sechste Gabe, nämlich die des Flates, zu Vi
hen, und die Gnade Gottes schließlich, die "G
di Dioit, wird durch die siebente und ietzte(
die Frömmigkeit, erreicht.
Für die Frage nach dem inventor des Gesarr
gramms der Biidenueit des Stiftes Alter
scheint dieses Kuppelbild von ganz beson
Bedeutung zu sein.
Einmal wurde es schon sehr früh, nämlich im
1733, in Auftrag gegeben und beinhaltet doc
Wesentliches von jenem Gedankengut, das
die übrigen späteren Darstellungen fühlen I2
- was für ein klares, von Anfang an vorhanc
Konzept für das Biidprogramm spricht.
Zum anderen wird hier deutlich wie nirge
sonst, daß Abt Placidus ausschließlich il
glücklichen Vereinigung von geistlicher und
iicher Macht, im besonderen Falle vertreten i
ihn und Kaiser Karl Vi., die Verwirklichung
gottgewoiiten Seinsordnung sieht.
Verstand und Stärke sind die den geistlicher
weltlichen Repräsentanten der Macht zugei
ten Gaben, die sie die Kirche bauen lassen:
nen Tempel der Weisheit, einen Tempel Sa
nis, der nur durch die Gabe des inteiiectus v1
kannt werden kann.