Die ersten Entwürfe Berlages zeigen eine Stilarchitektur im Geiste der
Renaissance. Die Motive von dem Wettbewerbsentwurf für die Amsterdamer
Börse (1885) (Abb. I) - einer der ältesten Entwürfe Berlages, die ich
kenne W sind hauptsächlich der nationalen Renaissance entnommen. Die
Gruppierung der Bauteile um zwei Achsen, welche senkrecht aufeinander
gestellt sind, deutet auf ein Streben nach Regelmäßigkeit und Monumen-
talität, doch ist dieses Projekt in seiner Massenwirkung und Silhouette
weniger monumental als malerisch zu nennen. _Ein typischer Charakter
für ein Börsengebäude ist hier nicht gefunden (man bemühte sich in den
Zeiten der Stilarchitektur auch weniger, dieses zum Ausdruck zu bringen);
die obengenannte Verwendung zweier Achsen hat zu etwas Zwitterhaftem
in der Komposition geführt, wodurch eine Gleichwertigkeit der Vorder- und
der Seitenfassade entstand, die in dem später ausgeführten Projekt von
1898 verschwunden ist. Aus dem ganzen Entwurf spricht jedoch eine große
Kenntnis alter Stilforrnen und Geschicklichkeit zum Anordnen derselben.
Merkwürdig ist, daß beim symmetrischen Aufbau der Seitenfassade die
Spitzen der beiden großen Türme verschieden sind. Dieses wird zu erklären
sein aus der Überle-
gung des Entwerfers,
daß die genaue Sym-
metrie eines Kunst-
werkes zur Erstarrung
führt, und der Künstler
wird deswegen ver-
sucht haben, nicht
symmetrische, son-
dern gleichwertige Mo-
mente neben- und ge-
geneinander zu stellen.
Gerade aber in der
Stilarchitektur ist diese
Schwierigkeit schwer
zu lösen, weil man
gebunden ist an be-
stehende Formen, wo-
mit nicht die Teile in
. innerlichem Zusam-
menhang komponiert
werden können, son-
dem im besten Falle
nur eine äußerliche
Formenharmonie ent-
steht. Weil Berlage
Abb. g. Zweites Projekt für die Amsterdamer Börse, 1897 außerdem nicht kon-
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