die wuchtige Drapierung und Bauschung des Gewandes, durch die bewegte,
energische Herausmodellierung des Bartes, durch das Zurückbiegen und
Drehen des Körpers den Ausdruck der Figur zu steigern. Die fortschreitende
Steigerung - der Situation der dargestellten Personen durch rauschende
Gewänder und lebhaftere Bewegung läßt sich von da an von Jahr zu Jahr
an der bodenständigen heimatlichen Plastik weiterverfolgen. Als Glied in
der Entwicklungslinie sei unter den unge-
zählten Beispielen die im Jahre 1643 ent-
standene Figur St. Pauli vom Hochaltar
in Allhartsberg bei Seitenstetten angeführt
(Abb. 4). Diese Entwicklung bedeutet aber
nichts anderes als den Anfang des Barocks
in unserer Heimat, wobei wir nach allem,
was bisher über die süddeutsche Plastik
dieser Zeit geschrieben wurde, ehrlich er-
staunt sind, daß wir in diesem Werdegang
unserer I-Ieimatkunst keinerlei stilbildende
Einflüsse Italiens anzunehmen gezwungen
oder auch nur berechtigt sind.
Eine der interessantesten Erscheinun-
gen in dieser Periode des Werdens der bo-
denständigenösterreichischenBarockplastik
ist der Bildhauer Thomas Schwanthaler zu
Ried im Innkreis. Er wurde als ältester
Sohn des Bildhauers Hans Schwanthaler zu
Ried geboren und am 5. Juni 1634 getauft}:
i" Taufbuch Ried, Band II, Fol. 235. Einige biogra-V
phische Daten über die Mitglieder der Bildhauerfamilie Schwan-
thaler sind bereits enthalten bei Lipowsky, „Bayrisches Künst-
lerlexikon", XI. Band (rBro), Seite B7; Nagler, „Neues all-
gemeines Künstlerlexikon", XVI. Band (1839), Seite 96; Traut-
mann, „Ludwig Schwanthalers Reliquien", München (1858);
Müller-Klunzinger, „Die Künstler aller Zeiten und Völker", Abb, 5_ Ried im lnnkreis, Stadrpfan-kirche,
III. Band (1860), Seite 503; Wurzbaeh, „Biographisches Lexi- Hochajlar, Sh Georg
kon", 32. Band (1876), Seite 280 bis 284; Melnitzky, „Die
Schwanthaler. Ein Rieder Künstlergeschlecht" (1880), Sonderabdruck aus der „Linzer Zeitung". Die wertvollsten
biographischen Nachrichten über die Schwanthaler verdanken wir aber den urn die oberösterreichische Heimat-
kunde hoehverdienten Forschern Dr. Franz Berger und Dr. Wilhelm Gärtner, welche mit der Veranstaltung der
Schwanthaler-Ausstellung in Ried im Jahre rgro zurn erstenmal einen Überblick über das huchbedeutsame
Schatten des Künstlergeschlechts gaben. (Ausstellungsbericht und Katalog in „Heimatkundeß Veröffentlichungen
der Gesellschaft zur Ptiege der Rieder Heimatkunde, Heft 3, Ried rgr 1.) In einer Reihe von Publikationen. so
Dr. Franz Berger, „Zur Geschichte der Rieder Künstlerfatnilie der Schwanthaler", „Heimatkundw, 4. Heft, Ried
rgu, Dr. W. Gärtner, „Notizen zur Geschichte der Schwanthaler", „Heimatkunde", 8. Heft, Ried xgr5, Dr. W,
Gärtner, „Schwanthaler-Arbeiten für die Kirche in Lohnsburg", „Heimatkundeü 5. Heft, Ried 19m, Dr. W
Gärtner, „Die Rieder Künstlerfamilie der Schwanthaler", Beilage der „Linzer Tagespost" (rgro), Nr. 49, 5a etc.,
, brachten die beiden Forscher neues wichtiges archivalisches Material zutage. Ihnen gebührt das Verdienst, die
Wiederentdecker der Schwanthaler zu sein. An und für sich hätte ich es vorgezogen, in dieser Arbeit, die sich mit
Fragen der Stilentwicklung befassen will, nur auf die zitierten ausgezeichneten Arbeiten zu verweisen. Der Umstand
aber, daß die genannten Publikationen vergriffen sind, verpliichtet mich, wenigstens die wichtigsten und interes-
santesten biographischen Daten in meiner Arbeit zu wiederholen. Archivalische Daten, bei welchen keine andere
Quelle angegeben ist, haben daher als den genannten Arbeiten Dr. Bergers und Dr. Gärtners entnommen zu gelten.