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wird die transzendentale Funktion
der Bewegungsmotive deutlicher
als gerade an diesem Altar.
Der Doppelaltar zu St. Wolf-
gang bedeutet den Höhepunkt der
künstlerischen Entwicklung des Mei-
sters. In ihm erschließen sich uns
die Quellen zur Erkenntnis seiner
Kunst. Über die Quellen seiner
Dekorationskunst, seiner Beherr-
schung der menschlichen Figur in
allen Stellungen, Posen und Gesten
kann keine Unklarheit bestehen. Er
ist darin der allgemeine Vertreter
der aus der sogenannten deutschen
Renaissance herauswachsenden
deutschen Plastik. Schwerer sind
die Wurzeln des von ihm so virtuos
beherrschten Bewegungsstils bloß-
zulegen. Man war bisher gewohnt,
den Bewegungsüberschwang des
heimischen Barocks schlechtweg als
Nachahmung beminesker Kunst zu
empfinden, dies um so unbedenk-
lieber, _als heute noch Ziemlich Abb. 2a. München, Nationalrnuseum, Relief des heiligen
allgemein das Deutschland des Christophorus und eines attributlosen Heiligen
XVII. Jahrhunderts künstlerisch
nur als eine Provinz Italiens an-
gesehen wird. Italienische Kunst
hat nun Schwanthaler aus eigener
Anschauung gewiß nicht gekannt.
Seine mißlichen finanziellen Ver-
hältnisse banden ihn an die hei-
matliche Scholle, er niußte in
Ried redlich schaffen, um Weib
und Kind zu ernähren. Gerade
in der Periode seines Kampfes um
künstlerischen Eigenwert, also in
der Zeit zwischen 1665 und 1669,
können wir ihn ständig in Ried
nachweisen, denn 1665 wird ihm
in Ried sein zweiter Sohn ge-
Abb. 2x. München, Nationalmuseum, Madonna, nieder- _ _
bayrisch, um 1530 boren, 1667 erwlrbt er das Rieder