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Volltext: Monatszeitschrift XXII (1919 / Heft 6, 7 und 8)

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Übernatürlichen als solchen finden wir in der spanischen Plastik des 
XVII. Jahrhunderts nicht in gleicher Weise angestrebt und erreicht wie bei 
den Italienern und Deutschen der nämlichen Zeit. Der Bewegungsstil als 
Interpret transzendentalen Geschehens tritt nicht mit gleicher Vehemenz 
auf wie bei diesen. Unter diesen Gesichtspunkten betrachtet, mögen nun 
Schwanthalers Figuren in ihrem Verismus mit einer von Spanien in die 
kirchliche Gegenreformationskultur eingeführten Kunstströmung ganz all- 
gemein in Zusammenhang gebracht werden können, in ihrem eigenartigen 
Transzendentalismus aber, insbesondere in der formalen Eigenart ihres 
Bewegungsstils haben sie mit der spanischen Bildnerei des XVII. Jahr- 
hunderts gewiß nichts zu tun. 
Schwanthaler mußte die Anregung zu seinem eigenartigen Bewegungs- 
stil unabhängig von italienischer, flämischer und spanischer Kunst gefunden 
haben, und wenn wir nach Kunstwerken suchen, die seinem künstlerischen 
Empfinden am nächsten stehen, so kommen wir zu den Schöpfungen der 
spätestgotischen Kunst des zwei- 
ten und dritten Jahrzehnts des 
XVI. Jahrhunderts. Die Be- 
hauptung erscheint für den er- 
sten Augenblick paradox, doch 
je mehr wir Werke dieser Zeit 
zum Vergleich heranziehen, 
desto enger werden die Zusam- 
menhänge, und es kann kein 
bloßer Zufall mehr sein, daß un- 
ter allen spätestgotischen Skulp- 
turendieSchöpfungendernieder- 
bayrischen Schnitzerschule am 
deutlichsten auf Schwanthaler 
weisen, also gerade jene Werke, 
die der Meister in seiner Heimat 
täglich sehen und studieren 
konnte. Die Charakteristik 
des Schwanthalerschen Ge- 
wandstils, die wir eben heraus- 
zuarbeiten versuchten, deckt 
sich vollkommen mit der Cha- 
rakteristik des Faltenstils die- 
ser niederbayrischen Schnitzer- 
schule, deren Werke unter 
anderen Philipp Maria Halmi in 
4' Vgl. unter den vielen Publikationen 
Halms etwa die Monographie über "Stephan 
Abb. 25. Maria Plain, Wallfahrtskirche, St. Benedikt-Altar, Rottaler", München 1908, und die zahlreichen 
St. Maurus Museumsberichle im „Münchner jahrbuch der
	        
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