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dort zur Aufstellung gelangte Brunnen bekundet fraglos die Vermischung
italienischer und alpenländischer Stileigentümlichkeiten (Abb. 6).
Andererseits bot der Zwang, den die geographische Lage Venedigs
der Stadt in dieser Hinsicht naturgemäß auferlegte, auch für die unter dem
Markusbanner beherrschten Länder ein nachahmunggebietendes Exempel.
Entbehrte die Piazza von San Marco des Schmuckes Wassergarben empor-
sendender Fontänen, die in jeder anderen Umgebung als der selbstverständ-
lichste Bestandteil der wunderbaren Szenerie angesehen worden wären,
so besaß dafür jede Platzanlage und fast jeder Haushof den zugehörigen
Pozzo; bereits Francesco Sansovino hat diese weise Vorkehrungsmaßregel
der Serenissima mit Stolz und Anerkennung hervorgehoben." Der aus diesem
Massenbetrieb" ableitbare Konservativismus konnte selbst in der regen und
entwicklungsreichen Entfaltung der venezianischen Kunst keine Gefährdung
sehen. Die alten Formen (Kapitäl, Kubus, Achteck, Ring) der Brunnen-
Öffnung, der „Vera", bleiben unverbrüchlich bestehen.""" Zwei besonders
wichtige Beispiele mögen dies beweisen: die im Jahre r467 von einem
Maestro Cristoforo di Martino Tagliapietra gefertigte Kopie einer byzan-
tinischen Vera (heute auf Schloß
Kreutzenstein bei Wien)- und ander-
seits der auf das Jahr 1713 (!) datierte
Pozzo am Campo S. Ermagora und
Fortunatonl- Und selbst die berühmten
in den Jahren 1546 und 155g entstan-
denen Bronzepozzi des Dogenpalastes
sind der üblichen Grundidee nach-
gebildet. Es ist aber nicht von gerin-
gem Interesse, daß zu den geläufigen
Dekorbestandteilen, die den Schmuck
der Pozzi ausmachen, das (byzantini-
sche) Motiv einer kelchförtnigen Fon-
täne (zum Beispiel: Raccolta, Tav. Xa)
zur Abbildung gelangt, entsprechend
ähnlichen Illustrationen, wie sie in
den Architekturbüchem und in Druck-
werken der venezianischen Oftizinen zu
Enden sind.
' Francesco Sansovino, „Venetia am nobilis-
sima", Venetia 1581, Seite 140 v. „Concioaia ch' ogni
piazza, b campo, ö corte ha il auo pozzo, fatto da! pub-
hlico . . . . ."
"K Vgl. den oben (Seite 318) erwähnten Meister
Banolorneo in Cistemis.
m" „Raccolm delle Vere da Pozzo in Venezia"
(Ferd. Ongania); Cattaneo, „Uarchitenura in Italia . . .",
Venezia 1888, Seite 280; Paoletti, z. a. 0., Text Seite 23. Abb. 18. Entwurf einer Statue zur Aussehmückung
1' Raccolta, a. a. 0., Tafel CLXVII. des Mercato nuovo (Zeichnung)