Der Mercato nuovo von Udine
selbst zeigt ein charakteristisches Bei-
spiel dieser altertümlichen Form. Links
von S. Giacomo, dort wo ein zurück-
weichendes Haus einen kleinen selb-
ständigen Platz zu formen mithilft, ist
die schmucke Form eines derartigen
Brunnens erhalten, der wegen seines
seltsam fragmentarischen Aussehens
mit der über der Baldachinplatte ver-
einsamt und ohne Zweck und Sinn
emporragenden Säule in Analogie des
Lysikrates-Denkmales zu Athen von
Cavalcaselle als die „Lateme des
Demosthenes" bezeichnet wurde, eine
geistreiche Benennung, die in allen
Führern Anklang gefunden hat (Abb. 5
und 3). Der achtseiüge Brunnentrog
zeigt an seinen Schranken die für
die gleichzeitige venezianische Kunst
charakteristische Schmuckanwendung:
symmetrisch gebildete Vasen, zierlich
geraffte Girlanden, Fruchtkränze und
zarte Bänder, die sich gleichmäßig zu
A __ den Seiten der Wappenschilde empor-
Abb. 19. Entwurf einer Statue zur Ausschmuckung . .
desmemn, nuovoaeichnung) heben und senken; es sind typische
_ Ableitungen nach den antiken Vor-
bildern des Augusteischen Zeitalters. Das Motiv des Baldachins (die Kapitäle
der Tragstützen sind mit anmutigen Tierköpfen und Sphingengestalten ver-
ziert) ist möglicherweise auf nördliche Anregungen zurückzuführen. An der
Deckplatte die Inschrift „Thomas Lipom. (anus) Patrie Praetor foru no(vo)
puteo fonteq . . . . more (Steinbeschädigung) decoravit x487"; an einer der
Pozzoschranken die Buchstaben „C. V. T. F. F".
Fand sich also hier im Norden nicht das maßgebende Vorbild, so boten
die Brunnenformen Roms und hauptsächlich jene von Florenz die not-
wendigen Anregungen. Es ist recht wahrscheinlich, daß Giovanni da Udine,
der-in der entsprechenden Zeit in seiner Geburtsstadt weilte, auch an der
Konzeption der Fontäne Carraras regen Anteil genommen hat. Sonst werden
wohl Vorlagenblätter die gesuchte Unterstützung geboten haben.
Gegen zwei Jahrhunderte waren ungefähr verstrichen, der Mercato
nuovo hatte inzwischen keine umfassenden Veränderungen erfahren. Die
Fontäne Giovanni da Udines, dessen versiegte Wasserkunst der Stadt und
ihren Bürgern zum Leidwesen gereichte, wurde - wie bereits erwähnt -
erst im XVII. Jahrhundert in dem Mittelpunkt des Platzpodiums aufgestellt.