sich ereignet haben. Erst gegen den Anfang des XX. Jahrhunderts erhielt die
Nordseite die Fassade eines einer wohltätigen Stiftung gewidmeten Gebäudes,
dessen klägliche Formen nicht gerade vorteilhaft mit ihrer malerischen Um-
gebung übereinstimmen. Aber die geringe Breite dieser I-Iausfront vermag den
Gesamteindruck des Mercato noch nicht störend zu beeinüussen, kann ihm
einstweilen noch keinen wesentlichen Abbruch antun.
Doch wird die Einreihung eines geschmacklosen Bauwerkes in den Kern
der alten Häuserzeilen als warnende Mahnung gelten können, welche die
Fortsetzung neuer Bauideen zum Schaden der Vedute verpönen wird. Denn
die Unversehrtheit des ganzen Gefüges, die das höchst malerische Ambiente
des mit bedeutenden Kunstwerken verzierten Platzbildes verkörpert, für die
Zukunft in unverfalschter Weise instand zu halten und zu bewahren, bildet
eine der wichtigsten Aufgaben der Stadtverwaltung und eine kaum weniger
bedeutsame Ehrenpflicht der italienischen Denkmalpflege.
ANHANG.
Der Vollständigkeit wegen möchte ich noch auf die unterlebensgroße
Holzfigur eines heiligen Rochus hinweisen, die in einer Nische oberhalb der
Tür der linken Seitenwand von S. Giacomo steht, was fraglos nicht ihr
ursprünglicher Aufstellungsort ist (Abb. 21). Diese Statue, an der trotz ihrer
hohen Lage doch Spuren alter Bemalung und Vergoldung zu erkennen sind,
gehört ohne Zweifel in jene Gruppe deutscher oder mehr oder weniger in
deutscher Manier arbeitender friulanischer Bildschnitzer des XV. Jahr-
hunderts, deren Werke aber den Einfluß der italienischen Kunst doch nicht
verleugnen. Über diese höchst interessanten Meister hat Friauls verdienst-
vollster Forscher Vincenzo Joppi sehr aufschlußreiche Dokumente und Re-
gesten mitgeteilt?" so verpflichtete sich am 20. April 1461 (Joppi, „Contri-
buto", IV, Seite r 3) der auch sonst genannte Stefano di Settecastelli („cioe
della Transilvania, pittore, intagliatore, indoratore et vetraio"), für die Kon-
fratemität der Pelliciai eine reichgeschmückte Ancona zu verfertigen, die in
dem bei Joppi abgedruckten Regest ausführlich beschrieben wird. Das Altar-
werk ist vermutlich verlorengegangen. Meister Stefano ist laut einer anderen
Nachricht im jahre 1468 in Arbeitsgemeinschaft mit dem tüchtigen Bild-
schnitzer Leonardo Thanna (Leonhard Thaner oder Thoner) getreten, dessen
vorzüglichstes Werk heute der Monte di Pietä von S. Daniele del Friuli
bewahrt (Abb. 22). Für diese mehriigurige und an der Predella mit gemalten
Heiligengestalten geschmückte Pietagruppe, die ursprünglich den Hochaltar
der Kirche S. Maria di Fratta (in S. Daniele) zierte, erhielt der Meister am
10. Februar 1487 (im voraus) 22 Golddukaten ausbezahlt. Das Werk ist be-
zeichnet: „1488 hoc opus pigit Leonardus Thanna fecitß"
' Unter anderem werden erwähnt: im Jahre 1446 „Giorgio inlaglialore e pittore, abitanre in Udine, frglio
di Odorico di Perschon, dem: anche di Salisburgo" (Joppi, IV, Seite r4), 1464 „Leonardo di Baviera" (joppi, IV,
Seiteg4), 1467 bis r47r „Alberxo tedesco, abitante inTolmezzo q. ser Giovanni diVienna" (joppi, IV, Seite 46) usw.
i" joppi, IV, Seite 16. Ich habe die Signatur nicht überprüfen können, da die Gruppe in fürsorgliche:-
Weise vor Kriegsausbruch von der italienischen Regierung in Sicherheit gebracht worden war.