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kehrt zwölf Jahre später auf einem Gemälde des älteren Holbeinl" (im Augs-
burger Dom) wieder.
Derselbe Überreichtum in der Schilderung fällt in der Darstellung der
Verkündigung auf, wo sich die Jungfrau von dem Gebetbuch, das ihr zwei
kniende Engel vorhalten, gegen den buntgetlügelten rotblonden Gabriel
umwendet, der eben mit einer zierlichen Verbeugung in die buntgetäfelte,
blumenbestreute Säulenhalle eingetreten ist und in der Linken ein Pergament
mit drei anhängenden roten Siegeln überreicht. Der Maler kann sich nicht
genugtun in Einzelheiten und die Entdeckerfreude gegenüber dem reichen
Weltwesen, die im XV. Jahrhundert wie eine gewaltige Woge aus der
niederländischen Kunst in die süddeutsche Malerei hinüberströmte, spricht
sich auch hier stark und lebhaft aus. Die Vermittlung dürften wohl auch für
den Maler unserer Tafeln die Nürnberger Werkstätten hergestellt haben, wie
eine Vergleichung der Geburt Christi mit der Darstellung von Michael Wol-
gemut in der Zwittauer Marienkirche (1479) lehrt. i)" Der Abglanz der feinen
Psychologisierung Rogers van der Weyden, der noch auf den besten eigen-
bändigen Schöpfun-
genWolgemutsruht,
ist hier allerdings völ-
lig geschwunden; ge-
blieben ist ein trocke-
ner, handwerklicher
Ernst, der durch
treuen Fleiß über das
Schwunglose seiner
Auffassungnichthin-
wegzutäuschen ver-
mag. Die Schilderung
des Räumlichen (so-
wohl der Landschaf-
ten als der Innenräu-
me) steht um einen
bedeutenden Grad
tiefer als bei Wol-
gemut, die Bewe-
gungen der Figuren
sind steifer, die mas-
kenhaft modellierten
Köpfe (die ebenso
wie die Gliedmaßen
zum Teil braun kon-
"' Abgebildet bei Heid-
rich, „Altdeutscb: Malerei",
x80.
"' Heidrich, a. a. 0., 88. Abb. xo. Meister des Eggelsberger Altars, Verkündigung (datiert x48!)