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Volltext: Monatszeitschrift XXIII (1920 / 1, 2 und 3)

geometrisch-abstrakten Linienspiels erscheinen. Von besonderem Interesse 
müssen da Motive sein, wie sie die Felder eines Wollteppichs aus dem 
XIII. oder XIV. Jahrhundert zeigen (Abb. 25)." Bei der durch die Technik 
nur noch mehr gesteigerten Abstraktion ist es fast unmöglich, aus den 
in abgestuften Umrissen erscheinenden Gebilden den Drachen und den 
Paradiesvogel _ das Wappen der Mingkaiser Chinas - zu erkennen. 
Nicht weniger auffallend sind im Rahmen der sonst das Figürliche ver- 
meidenden Teppichkunst die von Wolkenmustern begleiteten Drachen- 
gestalten (in den Ecken) und die geflügelten Genien (in der Bordüre) 
eines jüngeren Prachtstückes, des bekannten Schönbrunner Jagdteppichs 
(Abb. 26)", Motive, die zu dem ältesten Bestand chinesischer Kunst gehören 
und hier fast unverändert übernommen sind (siehe unten). Solche Tatsachen 
müßten ohne die über Zentralasien vermittelnde Stellung der Türken be- 
fremdend erscheinen. Denn die große, unsere europäische Völkerwanderung 
an Bedeutung geradezu übertreffende und Jahrhunderte andauernde Ost- 
West-Bewegung dieses Volkes wiegt alles auf, was an bloßen Handels- 
beziehungen zwischen Vorderasien und dem äußersten Osten historisch greif- 
bar festzustellen ist. Diese Bewegung erklärt es auch, wenn der in China seit 
alters geübte Kunstzweig Veredelter Keramik auf persischem Boden Wurzel 
faßt und zu der hohen Blüte gelangt, die in der Folge die Fayenceindustrie 
der Renaissance und den Porzellankult des XVIII. Jahrhunderts auslöst. Was 
auch hier der türkischen Vermittlung zu 
danken ist, das mag ein vergleichender Blick 
auf das alte zentralasiatische Dekorations- 
motiv (Abb. 6) und auf die um Jahrhunderte 
spätere Sternfliese (Abb. 27)"'l"': bezeugen. 
4. SELDSCHUKISCH-KLEIN- 
ASIATISCI-IES. 
Historisch klarer faßbar wird die Be- 
deutung der Türken bei ihrem Übergang auf 
kleinasiatischen Boden, der damit zugleich} 
für den Islam ein Neuland wurde. Hier tritt 
vor allem die im Islam übliche Organisation 
des Kunstbetriebes durch Berufung von 
Künstlern aus verschiedenen Gebieten in 
ein klareres Licht, eine Organisation, aus 
der sich mit der Konsolidierung der eigenen 
Macht alsbald ein neuer, eigenkräftiger Stil 
entwickelte. So ist die Moschee des Sultan 
Ala-eddin inKonia (1209 bis 1220) von einem 
' Bode, „Vorderasiaüsche Knüpfteppiche", Abb. 73. 
'"' „Orientalische Teppiche", herausgegeben vom k. k. 
österreichischen Handelsmuseum, Tafel LXXXVIIL Abb. 25. Wollteppicb mit Mingwappen 
"" E. Diez, „Churasanische Baudenkmäler", Tafel 34. (Berlin, Kaiser-Friedrich-Museum) 

	        
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