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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 145)

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Das deutsche llustorschutzgesetz vom Il. länner 1876. 
Vortrag, gehalten im k. k. Oesterr. Museum für Kunst und Industrie 
von Dr. Emil Steinbach. 
(Schluss) 
Von geradezu ausschlaggebender Wichtigkeit, ja vielleicht die folgen- 
reichste Neuerung auf unserem Gebiete ist die Aufnahme des Grundsatzes 
in die deutsche Gesetzgebung, dass darüber, ob ein Schaden entstanden 
ist, und wie hoch sich derselbe belaufe, desgleichen über den Bestand und 
die Höhe einer Bereicherung, das Gericht unter Würdigung aller Umstände 
nach freier Ueberzeugung zu entscheiden habe. 
Die Uebelstände, welche die Geltendmachung eines Anspruches auf 
Schadenersatz in Deutschland und auch bei uns zu den schwierigsten und 
in ihrem Erfolge zweifelhaftesten Unternehmungen machen, sind allgemein 
bekannt. Man spricht ja geradezu von einem Nothstande der Schäden- 
processe. Es ist schwer, sich auch in dieser Frage auf die Erfahrungen 
anderer Staaten zu berufen, denn hier haben wir es mit einem principiellen 
Gegensatze in den Anschauungen der deutschen und ausserdeutschen 
Richter zu thun. 
Insbesondere der französische Richter lässt bei der Bemessung eines 
Schadens sein freiestes Ermessen walten und abstrahirt gänzlich von allen 
Rechts- und Beweisregeln, um an der Hand der gewöhnlichen Erfahrung 
die Höhe des zu leistenden Ersatzes festzusetzen. Fehlen ihm genügende 
Anhaltspunkte zur genauen Bemessung des Schadens, so schreckt er nicht 
davor zurück, den ihm angemessen erscheinenden Betrag ganz willkürlich 
festzusetzen und geht dabei von der Erwägung aus, es sei in solchen 
Fällen doch viel richtiger, dem Kläger einen vielleicht willkürlich bemes- 
senen, wenn auch nicht ganz hinreichenden Ersatz seines Schadens zuzu- 
sprechen, als denselben wegen Mangels ausreichender Beweise gänzlich 
abzuweisen. ' 
Ganz anders der deutsche Richter. ln der Anwendung der strengsten 
Verhandlungsmaxime erzogen, ist er im Civilprocesse gar niemals darauf 
bedacht, selbstthätig vorzugehen und sich das Material für die Beurtheilung 
eines geltend gemachten Anspruches selbst zu verschaffen. Daran ist er 
auch durch die bisher noch geltenden Gesetze gehindert. Er wartet darauf, 
dass ihm die Parteien unaufgefordert alles dasjenige vorlegen, was für die 
genaue Bemessung des Schadenersatz-Anspruches nöthig ist; Post für Post, 
aus welchen sich der Gesammtanspruch zusammensetzt, muss zitfermässig 
angegeben und im Falle der Gegner sie widerspricht, auch genau bei 
Kreuzer und Pfennig bewiesen werden. Ist eine genaue ziffermässige 
Fixirung nicht möglich oder mislingt der Beweis, so ist die Abweisung 
mit Sicherheit zu erwarten. 
Einige Beispiele dürften das Gesagte näher zu erklären geeignet sein. 
So ist z. B. die widerrechtliche Versperrung eines Fahrweges für 
einen Landmann gewiss sehr schädigend. Will er aber deshalb einen Ersatz-
	        
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