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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 145)

den politischen Verwaltungsbehörden erster Instanz, also den Magistraten 
und Bezirks-Hauptmannschaften zu, während über Entschädigungs-An- 
sprüche, sowie über Streitigkeiten in Ansehung des Eigenthums eines 
Musters der Civilrichter zu entscheiden hat. 
Dagegen sprechen, wie insbesondere von Herrn L. F aber in der 
Denkschrift der hiesigen Bronzeindustrie-Gesellschaft über das deutsche 
Musterschutzgesetz hervorgehoben wird, sehr gewichtige Bedenken, welche 
sich kurz dahin zusammenfassen lassen, dass einmal die hierzu entschei- 
denden Fragen Rechtsfragen sind und deren Entscheidung daher auch den 
Gerichten zuzuweisen ist, und dass andererseits die Bestimmung unserer 
Gesetzgebung zur Vervielfältigung der Processe führt. 
Nichts destoweniger erscheint es zum mindesten zweifelhaft, ob bei 
dem gegenwärtigen Stande der österreichischen Gesetzgebung die Aufnahme 
der Bestimmung des deutschen Gesetzes rathsam erschiene, denn einmal 
ist das Verfahren vor unseren Civilgerichten beute noch ein ungleich lang- 
sameres als vor den politischen Behörden und ausserdem sind unsere Civil- 
gerichte bei der Würdigung der Beweise auch heute noch an bestimmte 
Regeln gebunden, während für die betreffende deutsche Gesetzgebung der 
Grundsatz gilt, dass der Richter, ohne an positive Regeln über die Wir- 
kung der Beweismittel gebunden zu sein, den Thatbestand nach seiner 
freien, aus dem Inbegriff der Verhandlungen geschöpften Ueberzeugung 
festzustellen hat. Eine einfache Adoptirung dieses letzteren Grundsatzes 
ist aber bei uns so lange nicht gut möglich, als unser civilgerichtliches 
Verfahren ein schriftliches ist und die Beweisaufnahme demgernäss auch 
nicht vor dem erkennenden Richter stattfindet. Unsere politischen Behörden 
sind an Beweisregeln nirgends gebunden. 
Es lässt sich übrigens nicht leugnen, dass bei der Entscheidung 
darüber, ob ein Eingriff in das Musterrecht stattgefunden habe, der Haupt- 
sache nach doch alles auf den Befund der Sachverständigen ankommt und 
es dem Ergebnisse nach in der Regel ziemlich gleichgiltig sein wird, von 
welcher Behürde die Consequenzen dieses Ausspruches gezogen werden. 
Selbst nach dem deutschen Gesetze dürfte übrigens, obwohl sich das- 
selbe hierüber nicht ausspricht, eine Theilung der Gerichtsbarkeit in Muster- 
schutzsachen zwischen den Civilgerichten und Strafgerichten einzutreten 
haben und in diesem Falle ist selbstverständlich die Vervielfältigung der 
Processe hier wie dort vorhanden. 
Die Beibehaltung der Competenz der Behörden würde selbstverständ- 
lich nicht hindern, denselben für dieses Verfahren die möglichst zweck- 
mässigen Vorschriften zu ertheilen und insbesondere auf Beschleunigung 
ihrer Amtshandlungen zu dringen. _ 
Von höchster Wichtigkeit für das Verfahren ist dagegen die Bildung 
von Sachverständigen-Vereinen. 
In dieser Hinsicht bestimmt die deutsche Gesetzgebung, dass in allen 
Staaten des deutschen Reiches aus Künstlern, aus Gewerbetreibenden ver-
	        
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