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wissen wie und warum. In diesem Quadrat kann man aber auch die
Diagonale perspectivisch ziehen, da ihre Endpunkte vorhanden sind, und mit
Hilfe dieser Diagonale auf einfache Art einen beliebigen Punkt dieser
Quadratfläche auch perspectivisch finden. Denkt man sich dieses Fuss-
bodenquadrat mit seinem ganzen Constructionsinhalt senkrecht aufgestellt,
so kann man auch jede Höhendimension perspectivisch auftragen und
somit schliesslich jeden beliebigen Punkt des Raumes perspectivisch finden.
Hiedurch ist denn ein Mittel gegeben Linien, Flächen und Körper allmälig
zusammenzubauen. Es ist dieselbe Construction, welche auch in Dürer's
Perspective noch zuerst behandelt wird und zwar unter so auffälliger Bei-
behaltung von reinen Zufälligkeiten der Anordnung in der Zeichnung,
dass man sich der Meinung nicht erwehren kann, Dürer müsse unmit-
telbar oder mittelbar die Arbeiten Pietros gekannt haben.
So ungelenk diese Perspectivmethode nun auch ist, so staunens-
werth sind die Leistungen, welche P. d. Franceschi mit einem so um-
ständlichen Verfahren zu Stande brachte.
Von der perspectivischen Construction der regulären Vielecke im
Grundriss in verschiedenen Stellungen gelangt er bis zur richtigen Auf-
tragung eines Gebäudegrundrisses und der Perspective regelmässiger Körper.
Die Perspective der Körper nach der eben angegebenen primitiven
Methode umfasst den zweiten Theil des ganzen Werkes.
Zuerst werden Würfel und Prismen perspectivisch construirt. Dann
folgt ein sechseckiger Brunnen auf zwei Stufenlagen, ein Säulenpostament
in Frontalperspective, ein eben solches in schiefer Stellung, ein liegender
achteckiger Pfeiler, und drei bedeutendere Objecte, welche besondere Be-
sprechung verdienen, nämlich: ein zweistöckiges Haus, an welchem selbst
die so oft verfehlten Rundbogen in Verkürzung als Ellipsen, die Eintheilung
einer verschwindenden Fensterreihe und die Gehrungen der Gesimse tadellos
richtig construirt sind; ferner ein achteckiger Thurm mit Gesims und
zwei kreisrunden Fenstern, eines frontal, eines verschwindend, jedoch beide
sammt Mauerdicke vollkommen richtig; zuletzt das schon erwähnte Kreuz-
gewölbe, das bis in neueste Werke unverändert übergegangen.
Die meiste Bewunderung verdient jedoch der dritte Theil des Werkes.
Dieser umfasst die Lösung der complicirtesten Aufgaben und zwar nach
neuer Methode, an deren Erfindung möglicherweise P. d. Franceschi
auch den grössten Antheil haben mochte. Diese Methode basirt auf der
von L. B. Alberti aufgestellten Glastafeltheorie, welche in seinen schon
1435 vollendeten drei Büchern über Malerei aufgestellt wurde und zwar
mit dem geradezu pathetisch zur Schau getragenem Bewusstsein einer neuen
und bedeutenden Erfindung, welches umsomehr deutlich hervortritt, als
Alberti die bereits bekannten geometrischen Lehrsätze eigens als von
den Mathematikern entlehnt verführt. Den Grundgedanken der vorliegen-
den neuen Construction könnte also, wie es auch in hohem Grade wahr-
scheinlich, P. d. Franceschi fertig vorgefunden haben, wobei aber
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