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werbewesen, speciell das Lehrlingswesen, beziehen. Es ist mir dabei nicht
eingefallen zu glauben, dass ich den Gegenstand auch nur annäherungs
weise erschöpft hätte, und wiederholt wurde von mir betont, dass jene
Vorschläge, die ich mir zu formuliren erlaubte, nur als ein nVersuchu
betrachtet werden mögen, eine Frage der Lösung näher zu bringen, welche
nicht mehr von der Tagesordnung abgesetzt werden kann.
Es haben sich im österreichischen Volksschulleben Uebelstände ge-
zeigt, die nicht ignorirt werden dürfen. Mit der Behauptung, es müsse
unter allen Umständen das Volksschulgesetz und die achtjährige Schul-
pfiicht aufrecht erhalten werden, ist der Bevölkerung nicht gedient. Auch
mit dem beschönigenden Vorschlage ist Niemandem gedient, der darauf
hinausläuft: nWir wollen das Volksschulgesetz und damit die achtjährige
Schulpflicht nur des parlamentarischen Anstandes halber aufrecht erhalten,
in Wahrheit jedoch alle nur möglichen Erleichterungen gewähren, um
diese Pflicht eventuell in einzelnen Fällen auf eine sechsjährige herabzu-
drückenm Damit gesteht man allerdings ein, dass die achtjährige Schul-
pfiicht im Princip nicht haltbar ist; man legt aber damit zugleich eine
gewisse Unsicherheit und Schwäche dar. Nichts ist bezeichnender als die
Norm '), welche der Landesschulrath von Niederösterreich zur Erleich-
')(ErleichterungendernchtiahrigenSchulpflichtinNiederbsterreich.)
Der niederösterreichische Landtag hat bekanntlich in seiner letzten Session eine Resolution
gefasst, nach welcher der Landesschulrath innerhalb seines Wirkungskreises in der gesetz-
mässigen Schulpllicht der Kinder bis zum vierzehnten Lebensjahr-e in Hinkunft Erleichte-
rungen zugestehen soll. Der Landesschulnth hat darüber den Bezirksschulrathen ihre Gut-
achten und Berichte abverlangt und auf Grund derselben in einem ausführlich motivirten
Erlasse an die Bezirksschulrathe für die Jahre 187g und 1880 die nachstehenden Normen
festgestellt :
„r. Jenen Schulgemeinden des dortigen Bezirkcs, in welchen die Ortsschulrathe für
die im I4. Lebensjahre oder auch für die im I3. und 14.. Lebensjahre stehenden schul-
Pllichtigen Kinder die Nachsicht von dem Schulbesuche in den Sommermonaten entweder
bereits angesucht haben oder dieselbe in Hinkunft in Anspruch nehmen werden, ist dieselbe
unter der Bedingung zu gewähren, dass die betreßcnden Kinder die Schule in den Winter-
monaten tleissig besuchen.
Demzufolge sind die diesfalls bereits eingebrachten Gesuche im Sinne dieser Weisung
zu erledigen, während bezüglich nachträglich einlangender Gesuche der Bezirksschulrath
ermächtigt wird, dieselben ohne weitere Vorlage an den Landesschulrath im gleichen
Sinne zu bescheiden. Selbstverständlich muss jedoch solchen Kindern, deren Angehörige
die gewährte Nachsicht nicht beanspruchen, der Besuch der Schule auch wahrend der
Sommermonate unbenommen bleiben.
z. ln Schulgemeinden, in welchen um eine generelle Schulbesuchs-Erleichterung
dieser Art nicht angesucht wird, wird der Bezirksschulrath ermächtigt, den im 13. und
14. Lebensjahre stehenden Kindern die Nachsicht von dem Schulbesuche in den Sommer-
monaten gegen entsprechenden Schulbesuch in den Wintermonaten in Folge Einschreitens
ihrer Angehörigen im Einvernehmen rnit dem betreffenden Ortsschulrathe von Fall zu Fall
zu bewilligen.
Auch wird es dem Bezirksschulrathe überlassen, in berncksichtigungswerthen Fallen
einzelnen Schulkindern, welche das 13. Lebensjahr und im Allgemeinen das Lehrziel der