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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIV (1879 / 164)

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hende Studien macht zur Verwerthung der zehnjährigen Erfahrungen. Denn 
es geht nicht leicht an, über die Voten stillschweigend hinwegzuschreiten, 
zu welchen sich piehrere Landtage in dieser Sache veranlasst gesehen 
haben '). Leider aber kann nicht verschwiegen werden, dass in den Land- 
tagen bei Berathung ähnlicher Fragen vorwiegend die politischen Gesichts- 
punkte vorherrschen und dass die Sprecher über derlei Angelegenheiten in 
der Regel jene Männer sind, die zugleich als politische Parteiführer das 
Wort zu nehmen sich berufen fühlen. 
Ich würde es überhaupt bedauern, wenn die Forderung einer Reform 
des Volksschulgesetzes nur zum Programmpunkte einer einzelnen politischen 
Partei, welchen Namen dieselbe auch haben mag, herabsänke. Dadurch 
würde Niemand mehr geschädigt, als die Jugend, welche unterrichtet 
werden soll, und die Gesellschaft, welche einer in der Volksschule gut 
erzogenen Bevölkerung bedarf. Am allerwenigsten frommt es dem Lehrer- 
stande, dem seit mehr als drei Jahrzehnten anzugehören ich mir zur Ehre 
rechne, mit politischen Schlagworten in die Schlachtlinie zu treten. Wie 
die Zielpunkte des Volksschulunterrichtes, so liegen auch 
die Fragen der Reform desVolksschulgesetzes über den Par- 
teien des Tages. Sie sollen möglichst objectiv behandelt werden. Je 
ruhiger, leidenschaftsloser, sachlicher dieselben aufgefasst werden, desto 
besser wird es umi die Reformangelegenheit stehen und desto leichter 
werden sich jene Männer einigen, welchen es nicht um eine nationale oder 
politische Partei, sondern um die Sache selbst zu thun ist. Diesem Kreise 
von humanen, dem gewerblichen Fortschritt huldigenden Männern möchten 
auch diese Zeilen empfohlen sein, welche sich mit einer begrenzten Frage 
des Volks- und gewerblichen Unterrichtes beschäftigen. 
Auch im gewerblichen Leben , insbesondere auf dem Gebiete der 
Kleingewerbe, treten die Uebelstände so mächtig hervor, dass es nicht 
möglich ist, dieselben länger zu ignoriren. Die deutschen Regierungen 
haben es zu deutlich erfahren, wohin es führt, wenn bloss der Verstand 
gebildet, das Herz aber kalt gelassen und die Fertigkeit der Hand nicht 
geübt wird. ln Deutschland weiss man es sehr genau, dass die deutsche 
Arbeit mit der französischen und englischen nicht concurriren kann, weil 
in Frankreich und England jene Hindernisse für die Entwickelung des 
Gewerbes nicht existiren, welche in den Zollvereinsstaaten durch die eigen- 
thiimliche Volksschulgesetzgebung und durch die einseitige Bildung des 
') Ein Erlass des Unterrichtsministers vom 2 5. März 1879 hebt denn auch hervor, 
dass in der Mehrzahl der Kronländer während der letzten Session der Landtage die acht- 
jährige Schulpflicht nneuerlich den Gegenstand zahlreicher Klagenu gebildet 
hab: und normin eine Reihe von Erleichlerungen in der Erfüllung der Schulpflicht für 
die 13- und qjährigen Kinder. So sehr die Tendenz dieses Erlasses zu loben ist, so lässt 
sich doch nicht verkennen, dass des genannte administrative Elaborat nur einige der 
schreiendsren Uebelslände milden, aber die Hauptfrage, mit welcher sich eben diese 
Blätter beschäftigen, keineswegs löst.
	        
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