Kunstgewerbe ein Boden bereits vorhanden ist und wo die Bevölkerung
schon eine specifische Anlage zur Kunst zeigt.
Nach dem, was bisher gesagt wurde, dürfte es wohl Jedem deutlich
sein, dass auf jene Kenntnisse und Fertigkeiten an der Volksschule (Bür-
gerschule) das Schwergewicht gelegt werden sollte, welche für das prak-
tische bürgerliche Leben unerlässlich nöthig sind. Mit Ausnahme von
einigen Juristen und Beamten dürfte daher Niemand entzückt sein, wenn
er hört, dass in der Volksschule gelernt werden muss: Religion, die
Sprache, Rechnen , das v-Wissenswerthea in der Natur- und Erdkunde,
Geschichte, mit besonderer Rücksichtnahme auf das Vaterland und dessen
Verfassung, Schreiben , geometrische Formenlehre, Gesang und Leibes-
übungen. Und da die Doctrinäre aus der Juristeu- und Beamtenwelt nicht
genug hatten mit dem, was das Gesetz für die allgemeine Volksschule
vorgeschrieben, so wurde noch für die Bürgerschule nach dem Gesetze
vom 14. Mai 186g im r7 Einiges hinzugefügt. Mit Genehmigung der
Landesschulbehörde kann irgend eine fremde lebende Sprache als nicht-
obligater Gegenstand eingeführt werden. Schönschreiben ist in der Bürger-
schule merkwürdiger Weise vorgeschrieben; in der Volksschule wird es
nicht verlangt , denn es scheint den Staatspädagogen nicht darauf anzu-
kommen, dass in der achtclassigen Volksschule auf Schönschrift ein Ge-
wicht gelegt wird. Das Zeichnen ist in allen Volksschulen der Monarchie
der am stiefmütterlichsten behandelte Gegenstand, und das Schreiben wird
relativ so wenig geübt, dass es zu den Seltenheiten gehört, dass ein Junge,
der die Volksschule absolvirt, eine gute Schrift sich zu eigen gemacht hat,
und einen correcten Brief zu schreiben im Stande ist. Auch die Verord-
nungen für den Lehrerbildungscurs zeigen das Bestreben, so viel als mög-
lich in den Kopf hineinzubringen und so wenig als möglich Zeit zur Uebung
von Fertigkeiten zu lassen. Für den Gewerbestand aber, wir wiederholen
es, liegt das Schwergewicht in der Erlernung von Fertigkeiten. Da die
Erwerbung jener Fertigkeiten, welche Handfertigkeiten genannt werden,
zugleich Uebungen des Auges und Uebungen der Phantasie in sich schliesst,
so ist daher dort, wo auf solche Erwerbung besonderes Gewicht gelegt
wird, auch die Basis der für alle Kunstgewerbe unerlässlich nöthigen Bil-
dung geschaffen. Ob es bei dem Zeichenunterricht in der Volks- und
Bürgerschule darauf ankommt, diesen Unterricht methodisch ertbeilen zu
lassen, ist schon an anderem Orte ausführlich dargelegt worden, und es
wurde auch von Seite der österreichischen Regierung bei der Reorgani-
sation des Zeichenunterrichtes für solche methodische Durchführung Sorge
getragen. Bei der Reorganisation des Zeichenunterrichtes haben eine Reihe
praktisch erfahrener Schulmänner mitgewirkt, Vertreter der Bürgerschule,
Vertreter der Mittelschule, Zeichenlehrer an Mittelschulen, und es sind in
Folge dessen auch jene Paragraphe wesentlich amendirt worden, welche
in dem früheren Gesetze aufgestellt waren, denn die Verordnung vom
20. August 1870 hat im 53 als Lehrziel im Zeichenunterricht die