372
spätere Erwerbsleben. in Dänemark sowohl als auch insbesondere in
Sch weden hat man den Arbeitsunterricht mit dem Schulunterricht schon
vielfach verbunden, in beiden Ländern, und dies namentlich in Dänemark,
werden übrigens die häuslichen Arbeiten auch vielfach von Erwachsenen
betrieben. In Dänemark besteht ein eigener grosser Verein, die rGesell-
schaft für Hausfleissu, welche diese Tendenz vertritt, den Betrieb
der Erzeugnisse fördert, Material, Werkzeuge und Modelle liefert und vor
Allem Lehrer in einem jährlich zur bestimmten Zeit stattfindenden Cursus
ausbildet. Nach diesem Muster hat sich auch in Berlin ein nVerein
für häuslichen Gewerbefleiss-i gebildet, unter dessen Leitern sich
Vertreter der Industrie, der Wissenschaft und der Bureaukratie befinden.
Dieser Verein lässt soeben zum zweiten Male einen achtwöchentlichen
Curs abhalten, der nur für Lehrer bestimmt ist, d. h. für solche Personen,
welche die Qualification als Lehrer an einer höheren oder niederen öffent-
lichen Schule besitzen, wweil nur von solchen mit Sicherheit erwartet
werden kann, dass sie die nothwendige pädagogische Befähigung besitzen
um das Gelernte demnächst in zweckentsprechender Weise wieder lehren
zu könnermr Bis jetzt lässt der Berliner Verein in folgenden Arbeiten aus-
bilden: Stroh- und Korbilechten, Laubsägen, Papparbeiten, namentlich
Buchbinden, Einlegearbeiten, Blirstenbinden, Holz- und Hornschnitzen,
Tischlerei und Drechslerei. Es ist auch bereits in verschiedenen Orten
Preussens eine Anzahl von Arbeitsschulen nach den Mustern der in Berlin
von dem genannten Vereine eingerichteten, durch die im Cursus ausge-
bildeten Lehrer ins Leben gerufen worden. Im Hinblicke auf die in Kopen-
hagen gemachten Erfahrungen lässt sich erwarten, dass die Berliner
Bestrebungen ihr Ziel in der That erreichen werden.
(Fortsetzung folgt.)
Lltaraturherichf. .
"Die Votivkirche in Wien." Denkschrift des Baucomitäs, veröffentlicht,
zur Feier der Einweihung arn 24. April 1879. Wien, Verlag von
R. v. Waldheim, 1879. -
Diese Denkschrift ist im Auftrage des kunstsinnigen Protectors der Vorivkirche
abgefasst und verßfentlicht worden. Sie ist von Professor Dr. Moriz Thausing ge-
schrieben; musterhaft sowohl dem Inhalte als der Form nach enthält dieselbe Alles,
was nöthig ist. um den Bau sowohl nach seiner historischen als auch künstlerischen
Seite zu würdigen. XVir können daher diese Publication unseren Lesern nicht warm
genug empfehlen. Aber ganz besonders müssen wir die künstlerische Ausstattung betonen.
Es zeigt sich bei diesem Anlasse,_ wie bei ähnlichen, dass es in Oesterreich speciell nicht
an künstlerischen Kraften fehlt, sondern meist nur an der rechten Führung und an den
rechten Mitteln. Mit einer unsicheren Leitung und mit ungenügenden Mitteln ist allerdings
wenig zu erreichen. In erster Linie müssen wir die Leistungen Bader's, des Kupfer-
stechers Prof Jacoby, der Radirer Prof. Hrachowina und H. Bültemeyer und der
Zeichner Custos Schonbrunner und Kozeluch betonen. Die Votivkirehe bietet -
abgesehen davon, dass es noch Probleme gibt, die erst gelöst werden müssen - vom
künstlerischen und gewerblichen Standpunkte Anlass zu eingehender Besprechung; wir
werden daher in diesem Organe noch dfter auf die Denkschrift zurückkommen. Dieselbe