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schlechte Farbenstimmung, hier allerdings durch eine wohlthuende Patina
bedeutend gemildert, sind allzu vordringliche Mängel. Aber das sind
Mängel dieser Kunst, nicht des Künstlers. Fraglich ist's überhaupt, wie
weit die stilistische Berechtigung dieses Zweiges der lntarsia geht.
Und hier möchte ich eine Bemerkung machen, die Burckhardt') an-
deutet, ohne sie indess scharf durchzuführen. Was man unter dem all-
gemeinen Wort lntarsia zusammenfasst, sind eigentlich drei völlig ver-
schiedene Decorationsweisen, die kaum mehr als das Material gemein
haben. Verschiedenen Formengebieten entsprungen, stehen sie unter ihren
eigenen technischen wie stilistischen Bedingungen. Auch in die historische
Begründung bringt diese Theilung Klarheit und Sicherheit.
Das zweifellos früheste war, durch Zusammenfügung verschieden-
farbiger l-lolzstückchen ein geometrisches Ornament zu schaffen. Dieses
Holzmosaik, wie es in klarer Hinweisung auf seinen Ursprung genannt
wird, fand seine Vorbilder in reichem Mass. lm Kleinen an den C0smaten-
arbeiten, im Grossen an der Facade des Doms von Orvieto und dem be-
deutendsten Mosaikwerk der Zeit, dem Campanile des Giotto. Als eines
der ältesten Beispiele dieser Technik, deren Höhepunkt in's 14. Jahrhun-
dert fällt, gilt das von dem sienesischen Architekten Vanni dall' Am-
mannato entworfene Chorgestühl des Doms von Orvieto.
Mit der Darstellung des Figürlichen beginnt die zweite zeitlich nahe-
stehende Gattung der Intarsia. Zeitlich, nicht technisch, denn sie unter-
scheidet sich völlig von der Art, wie das Steinmosaik seine bildlichen
Aufgaben löst. Sie steht vielmehr in Zusammenhang mit der Glasmalerei.
Eine jüngere Schwester derselben nennt sie Burckhardt und führt zugleich
einen Künstler an, der beide Decorationsformen in sich vereinte. lndess
geht die Gleichheit nicht weit über die erste Anregung hinaus. Das ver-
schiedene Material weist die Holzmalerei bald auf ganz andere Bahnen
und auf gefährliche.
Anfangs wird das Figürliche noch ohne räumliche Fiction als reine
Flächendecoration gedacht. Wenn Luci") in seiner Geschichte des Or-
vietaner Domes recht berichtet, so fände sich auf den obenerwähnten
Chorstühlen auch die früheste Darstellung dieser Art. Um hundert Jahre
früher als gemeiniglich angenommen wird, indem bis jetzt als ältestes
Muster die von Pietro di Minella um 1433 ausgeführten Ergänzungen
des Stuhlwerks von Orvieto galten. Die beschränkte Farbenscala des
Holzes lässt aber das Schwergewicht bald vollständig auf die Zeichnung
fallen. Die Perspective durchbricht die Fläche, das ursprünglich als Or-
nament Gedachte wird zum selbständigen Bild. Der Hintergrund, vor
Allem der bauliche, gewinnt stetig an Bedeutung und verdrängt schliess-
lich die Figuren, die vermöge der schwierigen lsilodellirung immer weniger
') Burckhardx, Geschichte der Renaissance in lmlien. Stuttgart 1879.
") Luci, Storia del Duomo di Orvieto. Firenze 1866.
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