4.1.1
Litoraturberlcht.
Hirth, Georg: Album für Frauenarbeit, enthaltend classische Motive für
Weißstickerei, Bunt-, Gold- und Applicationsstickerei, Spitzen-, Ver-
schnürungs- und Knüpfarbeit, sowie Weberei, Posamenterie mit Steif-
bemalung. München und Leipzig, G. Hirth, 1880. '
Nicht ein Musterbuch gewöhnlicher Art' soll geboten werden, sondern eine An-
regung zu selbstschopferischer Thatigkeit. Der Herausgeber erinnert daran, wie in uten
Kunstzeiten die Frauendie Motive für ihre kunstvollen Arbeiten dem Ornamentensc atze
ihrer Zeit entlehnten, und (Stick-) Muster für Eisenätzungen} Buchverzierungen u. dgl.
in naiver, aber darum reizvoller Umbildung auf ihre Leinwand zu bringen wussten. In
diesem Sinne legt er ihnen schöne und einfache Motive deutscher Meister von Dürer und
ßurgkmair an bis in das I7. Jahrhundert hinein vor, an dem sie ihren Geschmack bilden
konnen, und an welche sie sich bei ihren ornamentalen Erfindungen anlehnen sollen. Da
diese 40 Tafeln zum Theile schon im Forrnenschatze in anderer Verbindung erschienen
waren, können sie zu dem billigen Preise von zwei Mark, welcher ihnen eine größere
Verbreitung sichern wird, abgegeben werden. Wir müssen freilich estehen, dass bei uns
in Wien, aus Gründen, welche wir hier nicht erörtern wollen, leider noch gar wenige
Frauen so kunsterfahren sind, um diese Vorbilder benützen zu können, erinnern uns aber,
in München Frauenarbeiten gesehen zu haben, welche durch diese dunltenswenhe Publi-
cation beträchtlich dürften gefordert werden. '
Schmarsow, Dr. August: Raphael und Pinturicchio in Siena; eine
kritische Studie. Stuttgart 1880. W. Spemann. t
ln letzter Stunde vor dem Erscheinen von LermolietTs Untersuchungen über die
Jugend Raphaelk, welche die Mythe von dessen Arbeiten an der Libreria zu Siena für
immer beseitigten, wurde ein ausführlicher und letzter Versuch gemacht. diese Mythe zu
begründen, zugleich aber eine gründliche historische Erklärung der Fresken gegeben.
U_nter den Lichtdrucken befinden sich Photo raphien nach Braun'schen Photographien, die
in aller Hände sind, und in dieser dritten geproductiun allen XVerth verlieren.
Kekule, Reinhard: Die Reliefs an der Balustrade der Athena Nike,
nach neuen Zeichnungen und Entwürfen von Ludwig Otto. Mit Bei-
trägen von Loeachcke und R. Bohn. Stuttgart, Spemann.
i Sämmtliche Bruchstücke der Nike-Bnlustrnde, sowohl die lange schon bekannten,
als auch die neu hinzugekommenen werden von Ludwi Otto in gleichem Maßstabe neu
gezeichnet und mit kleinen Skizzen begleitet, welche dgie zunächst wahrscheinliche oder
mogliche Ergänzung beispielsweise veranschaulichen. Die vortrefflichen Cartons wurden
von Ludwig mit der Feder gezeichnet und in dem rühmlich bekannten Atelier von Kliö
in Wien in Kupferlichtdruck ausgeführt. Keliuläs Arbeit ist durch den Namen ihres
Autors genügsam empfohlen. Erwähnt mag werden, dass der Typus der stieropfernden
Nike, welcher bisher auf ein zierliches Urbild zurückgeführt wurde, als erfunden für die
Balustrade der llügellosen Nike nachgewiesen wird.
Thausing, Moriz: Livre d'esquisses de Jacques Callot, dans la collection
Albertine a'Vienne. Avec cinquante heliogravures en fac-sitnile et huit
vignettes. Wien, H. O. Miethke, 1880. F01.
Die Franzosen haben Callot für sich usurpirt und zu einem ihrer Liehlingakünstler
erklärt, obwohl derselbe ein Lothringer wnr und mit untilgbarer Liebe an seiner damals
noch zu Deutschland gehörigen Heimat hing. Gleichwohl müssen wir ihnen den Meister
sozusagen preisgeben, weil derselbe in der That sehr wenig von dem besitzt, was wir
als Charakteristiken der deutschen Kunst zu bezeichnen gewohnt sind. Die vorliegende
Publication ist nun wieder geeignet, den Neid unserer Nachbarn jenseits des Rheins zu
erwecken, denn sie gibt Kunde von dem Schutze, welche der Director der -Albertinu-,
Professor Thausing, in neuerer Zeit für diese berühmte Kunstsammlung des Erzherzogs
Albrecht zu erwerben verstand. Es ist dles das Skizzenbuch, welches Callot mit
Studien füllte, als er sich im Lager des Marchese Spinola vor Breda 1624-4625 be-
fand. Der Vergleich dieser Skizzen mit den ausgeführten sechs großen Blättern über
jene Belagerung gewährt tiefen Einblick in die Schalfensart des Künstlers und neues Ver-
standniss für dessen unübertretfliches Erfassen des Charakteristischen bei der Naturbeob-
nchtung. Außerdem finden sich daselbst aber auch Studien nach Holbein, Lucas von
Leyden und Dürer, und diese werfen geradem bisher ungeahnte Streiflichter auf den
Bilduugsgang des Künstlers. Thausingä Einleitung führt alle diese Gmichtspunkte meister-
z.