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fachkundiger Seite berichtet, dass insbesondere die Möbel- und Quin-
caillerie-lndustrie ganz gut vertreten war. Die Ausstellungen in
Leipzig und Berlin boten nach mehr als einer Seite hin interessante
Einblicke in die kunstgewerbliche Bewegung. Die diesjährige Leipziger
Ausstellung ist ausschliesslich eine Kunstgewerbe-Ausstellung; sie umfasst
das Productionsgebiet des Königreiches Sachsen, der preussischen Provinz
Sachsen und der Thüringischen Staaten und enthält ausser der Kunst-
industrie der Gegenwart auch kunstgewerbliche Erzeugnisse der Vergan-
genheit. Mehrere sächsische Fürsten und Museen, hervorragende Amateure,
wie Herr Felix und einige Kirchen, haben höchst bemerkenswerthe
Gegenstände ausgestellt, die wohl auf photographischem Wege veröEent-
licht werden. Auch einige Kunstgewerbeschulen haben in Leipzig ausge-
stellt. In Berlin hat man von der Ausstellung älterer Sachen und von der
Ausstellung von Schulen abgesehen; es bricht sich in Deutschland überall
die Ansicht Bahn , dass es nicht passend ist Schularbeiten mit Gewerbe-
ausstellungen zu vereinigen, da dadurch der Ehrgeiz der Lehrer und der
Schüler auf eine falsche Bahn gelenkt wird und eine eingehende Würdi-
gung der Arbeiten der Schule nicht recht möglich ist; auch das besu-
chende Publikum nimmt in solchen Ausstellungen einen sehr geringen
Antheil an Schülerarbeiten. Eine specifische Eigenthümlichkeit der Leip-
ziger Ausstellung war die "historische Ausstellung der graphischen Künste
in Leipzig (1479-1840): und die Ausstellung der graphischen mit dem
Buchhandel in Verbindung stehenden Künste der Gegenwart.
Die Berliner Ausstellung umfasst das ganze Gebiet der Ge-
werbe Berlins mit Ausschluss von jenen Fabricaten, welche von Berliner
Gewerbetreibenden im Auslande hergestellt werden. Die Berliner wie die
Leipziger Ausstellung sind Ausstellungen, welche ohne alle Staatshilfe zu
Stande gekommen sind. Ihre Organisation ist eine vortreffliche und der
äussere Erfolg, insbesondere in Berlin, ein wahrhaft glänzender. Sowohl
in Berlin als in Leipzig nimmt die Möbelfabrication eine hervorragende
Stelle ein. Die Zahl der stylvoll eingerichteten Zimmer ist an beiden Orten
eine sehr bedeutende und man lernt eine Reihe von Architekten und von
Architekten geleitete kunstgewerbliche Ateliers kennen, die sich vorwiegend
auf dem Gebiete der deutschen Renaissance bewegen, aber auch der fran-
zösischen nicht so fremd gegenüberstehen, als es leider in Wien der Fall
ist. Die Glas- und Porcellanindustrie ist durchweg schlecht vertreten und
die königlichen Porcellanfabriken in Meissen und in Berlin scheinen ihren
Aufgaben nicht vollständig gewachsen zu sein. Es scheint, dass die be-
theiligten Staaten zu wenig künstlerische Capitale für diese Institute ver-
wenden. Auch die Privatindustrie für Porcellan hat nicht viel Hervor-
ragendes geleistet. Hingegen ist überall ein lebhafter Aufschwung der
Fayenceindustrie bemerkbar. Es ist selbstverständlich, dass die Ofenfabri-
cation, die seit Jahren bereits in Sachsen und Preussen blüht, sich auch
der Farbe bemächtigt. Es wird nicht lange dauern, so wird die deutsche