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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIV (1879 / 168)

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Von 188 Schülerinnen, die mit Anbeginn des letzten Schuljahres die 
Schule besuchten, lernten i3 Telegraphie, 42 das Handelsfach, 30 Malen 
auf Holz, Porcellan etc., 25 Blumenmachen, 18 Kleidermachen, 60 Nähen. 
und Weißsticken. 
Im Monate März war der Zndrang zu dem Unterrichte im Blumen- 
machen so gross, dass die Aufnahme beschränkt werden musste. 
Der Lehrcurs aus der Telegraphie erfuhr im Laufe des Schuljahres 
einen bedeutenden Ausfall an Schülerinnen, welcher hauptsächlich durch 
den Mangel an Aussicht auf baldige Anstellung veranlasst wurde. 
Das Zeichnen und Malen wurde von vielen Mädchen mit Begeisterung 
begonnen, welche letztere aber bei wenigen Schülerinnen verhielt; der 
Erfolg, den diese Wenigen aufzuweisen haben, ist jedoch glänzend. Von 
der Ueberzengung geleitet, dass das Talent für die darstellende Kunst tief 
im italienischen Volksgeiste wurzle, und dass die Kenntniss des Zeichnens 
die erste Grundbedingung sei, um auf dern Gebiete kunstgewerblicher In- 
dustrie wahrhaft Erspriessliches zu leisten, hat die Direction der Schule 
beschlossen, einen besonderen Zeichencurs auf die frühen Morgenstunden 
anzuberaumen, damit die Arbeiterinnen der verschiedensten industriellen 
Etablissements einige Stunden vor Beginn ihrer Berufsgeschäfte dem 
Zeichenunterrichte widmen können. 
Die absolvirten Schülerinnen legen öffentliche und Privatprüfungen 
ab, zu welchen letzteren Fachlehrer und Professoren die ausserhalb des 
Institutes stehen, zugezogen werden. Die Freimaurerloge wLa Ragionew hat 
als Prämie für die beste l-Iandelsschülerin ein Sparcassebuch mit einer 
Einlage von 20 Lire bestimmt. Dieses Vorgehen gab die Anregung zu 
gleicher Prämiirung an den anderen Abtheilungen der Schule und die lei- 
tende Commission sammelte die erforderlichen Beträge. Für die Zeichen- 
und Malercurse wurden zwei silberne und fünf bronzene Medaillen als 
Schülerprämien bestimmt, und die Mädchen erboten sich aus eigenem An- 
triebe die bezüglichen Diplome mit Ornamenten zu schmücken, was, wie 
die Directrice berichtete, so über alle Erwartung gelang, dass die Schüle- 
rinnen durch diese Arbeit klar bewiesen, wie vortrelflich sie das Erlernte 
in Anwendung zu bringen und nutzbar zu machen wüssten. Die Schule 
untersteht einer Commission von sieben Damen, welche der Verein aus 
seinen Mitgliedern erwählt; die eigentliche Leitung führt eine Directrice 
und deren Stellvertreterin. 
Als eine der schwierigsten Aufgaben, welche sich nach Errichtung 
der Schule geltend machte, erwies sich die Aufrechthaltung jener Disciplin, 
welche eigentlich durch die Erziehung im Hause, durch die Familie ver- 
mittelt werden soll. Pünktlichkeit in dem Einhalten der Schulstunden und 
verwandte Leistungen waren schwer zu erzielen; die Ausnahmstellung, die 
Bestimmung einer ernsten, weitabsehenden Fachschule für Frauen, die un- 
bedingte Consequenz, welche eine solche Schule fordert, werden den Schüle- 
rinnen und ihren Eltern erst nach und nach ganz verständlich.
	        
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