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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XV (1880 / 173)

zuwenden sei. Er führt als Beispiele solcher empirischen Erwerbungen 
an, wie die Handrischen Maler gegen das Ende des 14. Jahrhunderts sich 
11m ein besseres Bindemittel der Farben bemühten und die Oelmalerei 
erfanden , und wie Bernard Palissy ein halbes Menschenleben der Her- 
stellung eines opaken Emails opferte. Um die Mitte unseres Jahrhunderts 
war man. in. der entgegengesetzten Lage. Die damalige Gegenwart wurde 
überschüttet mit wneuen nutzbaren Stoffen und wunderwirkenden Natur- 
kräften, mit neuen Methoden in der Technik, mit neuen Werkzeugen und 
MäSChi-DEIIH, und sie hatte nicht Zeit, sich in die halb aufgedrungenen 
Wohlthaten hineinzuünden und derselben Meister zu werden. So erklärt 
er die Erscheinung, welche uns ja noch heute oft beschäftigt, dass es 
unserer Zeit so schwer fällt, für neue Gebrauchsgegenstände eine zugleich 
zweckmässige und ästhetische Form zu finden, aus jener Umkehr der 
Ordnung der Dinge, indem nicht mehr das Bedürfniss die Empfindungen, 
solidem; die Empfindungen die Bedürfnisse ins Leben rufen. Auch hierfür 
umii für den Mangel an Vermögen, sich der neuen Mittel zu bemeistem, 
gibt. 91' ßÄruBeispiel in der Gasbeleuchtung. "Welche herrliche Erfindungu, 
sagt er, wwie bereichert sie (abgesehen von deren unendlicher Wichtigkeit 
für, den Bedarf des. Lebens} unsere Festlichkeiten! Dennoch suche man 
i-n den Salons die, Mündungen der Gasrölnren so zu verstecken, dass sie 
als Kerzen oder Oellarnpen erscheinenu, und bei llluminatinnen verwende 
man, die Gasflatnmen zu blendenden Feuererscheinungen, hinter welchen 
die Häuserfagaden unsichtbar werden, anstatt deren Massen und Gliede- 
rungen, zu beleuchten. Vor solchen Verirrungen könne nur das Stilgefühl 
bewahren. Und da er die Nothwendigkeit erkennt, diesen Ausdruck zu 
erläutern, gibt er folgende Definition: nStil ist das zu künstlerischer Be- 
deutung erhobene Hervortreten der Grundidee. und alle inneren und 
äusseremCoefficienten, die bei der Verkörperung derselben in einem Kunst- 
werke mßdilicirend einwirktena. Stillosigkeit sei hernach der Ausdruck für 
die Mängel einesWei-kes, welche aus. Nichtberücksichtigung der ihmi zu- 
gehörigem Gtundideq, und aus der Unbeholfenheit in, ästhetischer Ver- 
werthung der gebotenen Mittel zu seiner Vollendung entstehen. Wie in 
der Natur bestünden auch im den technischen Künsten gewisse Urformen, 
die durch eine ursprüngliche Idee bedungen, in steter Wiedererscheinung 
doch eine, durch nähen bestimmende Umstände bedrungene unendliche 
Mannigfaltigkeit. gestatten. Er führt dann weiter aus, wie die Grund- 
form, als, einfachster Ausdruck der Idee sich modihcire, besonders nach den 
Stoffen, den Werkzeugen, nach Ort, Klima, Zeit, Sitte, endlich nach 
Eigenthürnlichkeit, Rang, Stellung desjenigen, für den das Werk bestimmt 
ist und dqrglßiähßß mehr. Eine Stillehre sei. daher in drei Theile zu 
fassen: den ersten kunsthistorischerg, die Lehre von den Urmotiven. und 
den aus ihnen. abgeleiteten früheren Formen; denizweiten, welcher zu 
belehren habe, wie. mit unseren Mitteln, sich, die Formen aus den Motiven 
anders zu gestalten. haben, und; wie das Stolfliche. bei unseren vor-
	        
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