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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XV (1880 / 178)

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Künsten auszeichnend hervorgethan hat, fand dort eine Stelle. Dort schuf 
in der Loggia Moriz von Schwind die Fresken, die jetzt in geeigneter 
Weise reproducirt der Gegenwart, der leicht vergesslichen, wieder in 
Erinnerung gebracht werden. 
Seit dieser Zeit ist in Wien eine Reihe von Kirchenbauten ausgeführt 
worden, aber nur in wenigen wurde der Frescomalerei gedacht und der 
großen figuralischen Kunst eine bescheidene Stätte angewiesen. In der 
Brigittenauer Kirche hat Ludwig May er, ein Schüler Führichs und Rahls, 
einen Freskencyklus aus dem Leben der heiligen Brigitta mit wohlver- 
dientern Erfolge durchgeführt. Die projectirten Fresken in der Fünfhauser 
Kuppelkirche sind seit dem Tode Carl Schönbrunners ein Bruchstück 
geblieben. An Talenten fehlt es nicht, das Werk an diesem Baue zu 
vollenden; hoffen wir, dass sich Mittel finden werden, das Begonnene 
durchzuführen. Die Severinskirche in Währing, welche so zweckmäßige 
und gut beleuchtete Wandflächen für Fresken bietet, ist ganz ohne male- 
rischen Schmuck. Wer wird dort das Leben des gewaltigen Apostels der 
Kirche, Severins, erzählen, jenes Mannes, der aus den weltbewegten 
Zeiten der Völkerwanderung hervorragend, mit ungewöhnlicher Thatkraft 
begabt, heute noch in der Erinnerung des Volkes lebt? 
Außerhalb Wiens hat sich vor Allem der geistvolle StroBmayer der 
Frescomalerei in der Domkirche zu Diakovar angenommen und ihr durch 
Seitz, einen deutschen, in Rom lebenden Künstler, der die Kraft in sich 
fühlt, die großen Traditionen der italienischen Wandmalerei des 15. Jahr- 
hunderts wieder aufzunehmen, eine würdige Stätte geschaffen. 
An Aufgaben für die große historische Malerei fehlt es wahrlich 
weder auf dem Gebiete der Kirche noch des Staates und der monumentalen 
Architektur. 
Aber bei keinem monumentalen Baue ist der Malerei eine so große 
Aufgabe zugewiesen als bei der Votivkirche, die als Monumentalkirche 
geschaffen und gebaut ist und zu ihrer Vollendung im Inneren eines figuralen 
Schmuckes bedarf. Nur in einem kleinen Theile dieser Kirche sind die 
Fresken durchgeführt worden. Die Vorhalle, das Mittelschiff und das ganze 
Kreuzschilf ist fast kahl oder doch nur sehr nothdürftig mit Farbe ge- 
schmückt. 
Die Kunst hat zu aller Zeit dieselbe große Aufgabe: die Geister der 
Menschen jenen idealen Aufgaben zuzuführen, welche nur durch die figurale 
Malerei zu vollständigem Ausdrucke kommen. Wir müssten an uns und 
an unserer Kunst verzweifeln, wenn .wir nicht hoffen dürften, dass das 
was die Baukünstler im Rathhause, dem Universitätsbaue, der Votivkirche, 
dem neuen Burgtheater begonnen haben, nicht von den Malern in großem 
Style vollendet werden könnte. 
Es scheint mir jetzt an der Zeit zu sein, an die Hoffnungen zu 
erinnern, welche die Ausschmückung der Altlerchenfelder-Kirche wach- 
gerufen und an das gute Beispiel, welches die damalige Zeit gegeben hat.
	        
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