sich von der höchsten Solidität zu trennen. So deckte man die Holz-
tafeln mit Leder und gab ihnen Eckstücke, dann auch Schließen vor:
Metall und fügte der Zierde halber noch ein Mittelstück hinzu. Dies
wurde die gewöhnliche Art während der gothischen Kunstperiode des
Mittelalters. Die Kunst warf sich gleichermaßen mit Treiben und"Gra-
viren auf diese Metallbeschläge, aber sie erreichte selten die Höhe der
vorausgegangenen Art und Epoche. Ein schönes Beispiel der älteren Zeit
noch romanischen Styles geben in unserer Ausstellung die Beschläge einer
Cassette des Herrn Dr. Albert Figdor, Beschläge, die ursprünglich den
Einband eines Manuscriptes zierten; für die spätere Zeit dagegen, den
Ausgang des_15. Jahrhunderts, ist besonders lehrreich ein Beispiel aus
der Ambraser Sammlung, ein Lehr- und Lesebuch, das für den Knaben
Maximilian, den nachherigen Kaiser, geschrieben werden und aus dem er
in der That seine erste Schulweisheit erlernt hat. Zwischen beiderfliegt
eine ganze ornamentale Entwicklung der Bücherbeschliige, für welche das
Oesterr. Museum selbst in einer reichhaltigen Collection die Beispiele
besitzt. Unsere Ausstellung bietet auch noch manche Beispiele aus spä-
terer Zeit.
Mit der Erfindung der Buchdruckerkunst und der ungeahnten Ver-
mehrung der Bücher ging eine große Umiinderung in der Buchbinderei
vor sich. Ehe wir aber des Näheren davon reden, wollen wir die Metall-
verzierung noch weiter verfolgen. Sie hörte mit der neuen Herrschaft
des Leders nicht auf, aber sie zog sich so zu sagen aus der Praxis, aus
dem gemeinen Leben in die vornehme Welt zurück, daher denn auch
Silber fast ganz an die Stelle von Kupfer oder Bronze trat. Der Metallvbe-
schlag, bis dahin nothwendig, wurde nun mehr oder weniger reiner Luxus.
Für diese silbernen Luxusbände bietet unsere Ausstellung vom 165
bis zum 18. Jahrhundert eine sehr schöne und sehr interessante Folge."
Mit wahrhaft künstlerischen Werken, den feinsten Arbeiten derlGold-
schmiedekunst ist das 16. Jahrhundert durch eine Reihe M-anuscrlpte,
meist Gebetbücher, aus der Ambraser Sammlung vertreten; Matiuscripte,
die auch geschichtlich durch ihre ehemaligen Besitzer interessant sind.
Ein Gebetbuch, etwa vom Jahre 1500, zeigt noch die scharfkanligengiothi-
scheu Motive mit einem reizenden Salamander als Mittelstück. Bei einem
anderen französischen Gebetbuche hat sich noch der goldgesticltte Sammt-
beutel erhalten, in welchem nach der Sitte des 15. und v6. Jahrhunderts
die Dame ihr Gebetbuch zur Kirche zu tragen pflegte - eine Antiquität
von höchster Seltenheit. Ein Atlas von Seekarten auf Pergament, auch
inhaltlich ein Werk von höchstem Reize, zeigt auflrothem Sammt cise-
lirtes Silberbeschläge imschönsteu Stile der Kleinmeister; eint geschrie-
benes Gebetbuch vom Ende des 16. Jahrhunderts ist mit gediegenen: Golde
beschlagen und das Gold in Relief und emaillirt in der Art jener Gold-
schmiede, welche am Hofe Kaiser Rudolfs ll. arbeiteten, und vermuthlich
auch ihr Werk, in jedem Falle in seiner Art eine Arbeit ersten Ranges.