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Und so Anderes, das man in jenem Kasten beisammen findet, welcher die
Beiträge der Ambraser Sammlung enthält. Zu diesen Werken gesellt sich
ein Band aus dem Besitze des Oesterr. Museums, den außer seinem laubigen
Silberornamente noch ein Mittelstück in Niello ziert.
Die Sammlungen des Museums treten auch für das 17. Jahrhundert
ein mit Werken dieser Art, zumal mit zwei silberbeschlagenen, in rothem
Sammt gebundenen Quartbänden und sodann mit einer Collection loser
Beschläge, die ihren antiquirten oder nicht geschätzten Büchern abgenommen
worden. Vermuthlich waren es meistentheils Gebetbücher, denn diese sind
es auch vorzugsweise im 18. Jahrhunderte, welche der Ehre silberner Be-
schläge sich erfreuen. Unsere Ausstellung zeigt verschiedene sehr hübsche
Beispiele, theils in durchbrochenen und getriebenen Ornamenten, theils
mit Filigran überzogen, theils mit Email verziert, so aus den Sammlungen
des Museums, des Herrn Artaria wie aus der fiirsterzbischöflichen Biblio-
thek zu Kremsier. Das Kremsierer Gebetbuch bietet noch ein besonderes
technisches Interesse durch die bewegliche Bildung seines Metallrückens.
Alle solche Arbeiten der drei oder vier letzten Jahrhunderte bilden
aber nur Ausnahmen gegenüber dem Einbande des Bibliotheksbuches und
seiner Zierde. Dieser geht seit Erfindung der Buchdruckerkunst seinen
eigenen Weg. Bis dahin waren die Bücher der Bibliotheken oder der
Gelehrten - das Haus kannte sie ja nur ganz ausnahmsweise - auf die
Repositorien oder die Pulte gelegt worden; sie hatten also nach Belieben
auf der Oberfläche ihrer Decken, namentlich der vorderen, mit Metall
verziert werden können. Runde oder flache Knöpfe in den Ecken, welche
die höchsten Punkte bildeten, sorgten dafür, dass beim Umschlagen weder
die Verzierung, noch der Tisch verletzt wurde. Nun aber, da durch die
Buchdruckerkunst Literatur und Bücher in unverhältnissmäßiger Zahl an-
wuchsen, da sie Jedermann erreichbar waren und Haus und Bibliotheken
anfüllten, zeigte sich das Bedürfniss leichteren Gewichtes und bequemerer
Handhabung und zugleich einer anderen, weniger Raum erfordernden Auf-
stellung. Diese Ursachen veranlassten zunächst den Hinwegfall jedes Metall-
bepchlages, denn nur ohne denselben war es möglich, die Bücher auf ihre
schmaleSeite, auf den Schnitt, eines an das andere zu stellen, statt sie
breit zu legen. Die neue Sitte verlangte ein leichtes und glattes Ein-
schieben, folglich die Seitenflächen glatt ohne Relief.
Nachdem der Metallbeschlag zum Opfer gefallen war, folgte nach
einem Jahrhunderte etwa auch das gepresste Relief. Tlm Mittelalter, d. h.
im 14. und 15. Jahrhunderte, hatte man zum Metallbeschlage auch noch
das Leder verziert; man hat es gefeuchtet, geschnitten, unterschnitten und
herausgehoben und so Zeichnung und Relief hergestellt oder in gewöhn-
licher, leichterer, weniger kunstvoller Art mit Metallstanzen Linien, Stäbe,
Rand- und Füllornamente eingepresst. Diese letztere Methode blieb noch
das 16. Jahrhundert hindurch, als das Metallbeschläge in der Regel schon
abgeworfen war. Sie wurde auf braunem Leder ausgeführt, dem seine